Jede Nation hat zur einen oder anderen Zeit ihre katastrophalen Staatsbeamten gehabt. Russland hatte Stalin, Deutschland hatte Hitler, England hatte Cromwell und die Vereinigten Staaten hatten J. Edgar Hoover.
Mein erster Kontakt mit J. Edgar nahm in den frühen dreißiger Jahren seinen Anfang.
Nachdem J. Edgar ein heilloses Durcheinander aus der eben zu Ende gegangenen Prohibition gemacht hatte, brauchte er sehr dringend Publicity.
Das Justizministerium arbeitete auf der Grundlage der Theorie, wenn es genug Pressespalten bekäme, könnte es genug Geldbewilligungen vom Kongress bekommen, um zu einer nationalen Polizeitruppe auszuwachsen.
Dementsprechend kontaktierte es Schriftstellerorganisationen und bot an, alle Schriftsteller durch ihre „G-Man“-Schule zu bringen.
Mehrere Schriftsteller gingen unter dem einen oder anderen Pseudonym hin, ballerten mit 0,357 Magnum-Revolvern auf Ziele in Form von sich ruckweise bewegenden Bildern und untersuchten tote, eben „ermordete“ Attrappen, um das „Verbrechen“ aufzuklären. Aber im Allgemeinen ging es darum, Vorträge darüber zu hören, wie großartig J. Edgar war, wie unbesiegbar „G-Men“ waren und wie ungeheuer wichtig es für das Justizministerium war, eine nationale Polizeitruppe zu führen und Leute zur Strecke zu bringen, die es als Staatsfeinde nach Nummern bezeichnete: Nr. 1, Nr. 2 usw.
Danach befragt, wer diese Staatsfeinde bestimmte und aufgrund welcher Beweise, sagte J. Edgar, seine Bosse täten es, und was Beweise anbelangt, das sei Nebensache. Er sagte, dass diese Schriftsteller Geschichten über „G-Men“ schreiben sollten und dass das Justizministerium ihnen dann gern alles geben würde, was sie wollten.
Nun, es funktionierte. Sogar ein Magazin mit dem Namen „G-Men“ erschien.
Ich begann jedoch, mir über J. Edgar und seine Bosse beim Justizministerium Gedanken zu machen.
Im Zweiten Weltkrieg übernahm das Justizministerium die Gegenspionage für Amerika und löste den Nachrichtendienst der Marine und andere Agenturen praktisch auf.
Als Marineoffizier hatte ich nur zwei Kontakte mit ihnen. Einer hatte mit einem anderen Offizier zu tun, der ein Telefon für $7,50 verloren hatte, was dazu führte, dass ein ganzes Schiff in Teile zerlegt wurde. (Sie fanden es nicht.) Der andere Kontakt brachte die Entdeckung einer Natriumbombe in einer Schachtel mit Torpedo-Zündkapseln mit sich. Eine Natriumbombe saugt Wasser aus der Luft auf und explodiert, wenn das Schiff auf See ist. Ich bat darum, dass die Schiffsfracht ausgeladen werde. Das wurde verweigert. Sie sagten, es wäre in Wirklichkeit keine Natriumbombe. Als ich jedoch anbot, sie ins Wasser zu werfen – noch nie haben Sie G-Men so rasch in alle Richtungen verschwinden sehen.
Im Jahre 1950 war es ziemlich offensichtlich, dass amerikanische Kirchen unterwandert wurden, eine Tatsache, die später von einem Kongresskomitee bestätigt wurde.
Ich ging auf einen Sprung in J. Edgars Büro und sprach bald mit dem Leiter antikommunistischer Operationen. Und bekümmert wurde mir gesagt: „Gegen Kommunisten kann man nichts machen.“
Dass dies von der Gegenspionage-Agentur der USA kam, war ziemlich interessant, besonders da J. Edgar im Jahre 1919 berichtet hatte, wie ausgesprochen gefährlich dies für Amerika war.
Solche Dinge weckten mein Interesse am Justizministerium und an seinem Star J. Edgar Hoover.
Jetzt, nachdem einige Zeit vergangen ist, und da bei Archiven Informationen durchzusickern beginnen, die bisher sorgfältig geheimgehalten wurden, entlarven andere Leute dieses Ministerium.
Aber in der Hauptsache fassen die ministeriellen Verbrechen, die sie aufdecken, nicht die Tiefen der Niedertracht zusammen, zu denen dieses Ministerium gesunken ist, obwohl sie schwerwiegend genug sind.
Die Verbrechensraten sind gestiegen und gestiegen und in die Höhe geschnellt, und Amerika ist nicht zur Blüte gekommen.
Aber unter all dem sind wirkliche Verbrechen begangen worden.
In den dreißiger Jahren war John L. Lewis der Leiter der machtvollen Gewerkschaft CIO (Congress of Industrial Organizations, Kongress der industriellen Organisationen) und der United Mine Workers (Vereinigte Minenarbeiter). Seine Macht war so groß, dass er Roosevelt in seiner letzten Amtszeit als Präsident beinahe schlug. Lewis stoppte Kohle in den USA und erzwang sogar die Umstellung der Eisenbahnen auf Öl (woran Lewis ein starkes persönliches Interesse hatte). Der Fall der Kohle war ein schwerer Schlag gegen die Industrie und das Transportwesen, die bald darauf in den Zweiten Weltkrieg eintreten sollten.
Während all das vor sich ging, schaute das Justizministerium gütig zu. Vor kurzem wurde jedoch enthüllt, dass John L. Lewis Nummer C180/L des deutschen Geheimdienstes war – der Abwehr.
Während dieser Zeit stieß ein FBI-Agent namens Leon G. Turrou mit einem Spionagering der Nazis in Amerika zusammen und hob ihn aus – so ungefähr der einzige, den das Justizministerium jemals aushob. MI 5 von England (der Sicherheits- und Gegenspionagedienst der Regierung, der mit Scotland Yards Spezialzweig in Verbindung stand) hatte es herausgefunden und das FBI mit vertraulichen Informationen versorgt. Turrou bekam den Auftrag – und leistete dabei gute Arbeit. Es war der Griebl-Voss-Hofman-Rumrich-Ring. Die waren alle miteinander verbunden.
Das Justizministerium feuerte Turrou umgehend!
Als J. Edgar nach dem Grund dafür gefragt wurde, antwortete er mit finsterem Blick: „Er hat ein Buch darüber geschrieben!“
Das ist aber nicht der Grund. Die Geschichte des „Rücktritts“ ist im Buch beschrieben. Die Entlassung geschah offensichtlich, bevor er es schrieb.
Dann tauchten viel größere Neuigkeiten über das Justizministerium auf.
Der Schock von Pearl Harbour und der „Mangel an Vorwarnung“ war für jeden im Geheimdienst ein Rätsel – vom Tag, an dem es geschah, bis vor kurzem.
In der offiziellen Publikation der Regierung Großbritanniens Das Doppelkreuz-System im Krieg von 1939 bis 1945 und in dem kürzlich erschienenen Buch Spionage/Gegenspionage des britischen Spitzenagenten Dusko Popov wird enthüllt, dass J. Edgar Hoover im AUGUST 1941, vier Monate vor Pearl Harbour, persönlich vollständig und offiziell über den geplanten japanischen Angriff auf Pearl Harbour informiert wurde: wie und wann dieser ablaufen würde, UND ER INFORMIERTE SEINE REGIERUNG NICHT.
Es ist nicht nötig zu betonen, wie viele Leben das kostete oder wie es die Pazifikflotte zerstörte!
Wenn man dieses Ministerium und ihren allgegenwärtigen Gott Hoover ein bisschen eingehender betrachtet, trifft man auf die Tatsache, dass der FBI alles über Lee Harvey Oswald wusste. Der G-Man James P. Hosty Junior vom 75 Mann starken FBI-Büro in Dallas hatte seine Akte, wusste, dass er mörderisch und rachsüchtig war, wusste, dass er beim Texas School Book Depository (Schulbuchlager des Staates Texas) arbeitete, wusste, dass dieser Ort an der Paraderoute von Präsident John F. Kennedy lag, und wusste, dass Dallas am Sieden war. Aber das Justizministerium informierte Kennedys Leibwächter nicht oder übte nicht einmal seine eigene Gesetzbuch-Verpflichtung aus: den Präsidenten zu beschützen.
Am 22. November 1963 wurde Präsident John F. Kennedy brutal von Lee Harvey Oswald, der von seinem bekannten Arbeitsplatz aus feuerte, ermordet.
Anschließend, während der restlichen sechziger Jahre, verbesserte das Justizministerium seine schreiende Verbrechensrate sogar, indem es zu den nationalen Missständen organisiertes Verbrechen und Drogen hinzufügte.
Seine Antitrust- und Drogenabteilungen ignorierten lebhaft die Hauptdrogenpusher Amerikas – die Amerikanische Ärztevereinigung und ihre Psychiater des Amerikanischen Psychiatervereinigung-Zweigs – und stand pfeifend herum, während Schulkinder auf Speed und Pillen gesetzt wurden, um damit die Basis zu einer Drogenkultur zu formen.
Razzien und Menschen in den Rücken schießen wurden zur Tagesordnung.
Das Justizministerium war von der Katastrophe, die durch Unterlassung geschah, zum wirklichen Erschaffen von Chaos übergegangen.
Während der Krawalle in den sechziger Jahren konnte man sich darauf verlassen, dass das Justizministerium die lokale Polizei, die nach einer Lösung suchte, entmutigte oder anklagte.
Das entwickelte sich schließlich dahin, jede beliebige Organisation oder Kirche als „dissident“ zu bezeichnen, die versuchte, die Lawine der Katastrophen aufzuhalten, die das Land überflutete.
Durch das Fabrizieren von Dossiers über öffentliche Leiter, die keine hatten, die das Justizministerium aber nicht mochte, hetzte es Organisationen gegen Organisationen auf und leistete überall, wo es möglich war, dem Chaos Vorschub. Seine Liste aus Tausenden von Menschen und Gruppen, die es heimlich angriff, liest sich wie Wer ist Wer? – und ist in der Tat dabei, zu einer Art Ehrenliste zu werden.
Das Justizministerium war jetzt zu einer Kopie einer Nazi-Geheimpolizei geworden.
Es wurde festgestellt, dass es falsche Dossiers über Amerikaner ins Ausland weiterleitete, um sie in Schwierigkeiten zu bringen.
Sein Kanal war Interpol, die Nazi-Gruppe, der J. Edgar trotz Einwänden des Kongresses beigetreten ist.
Aha, gut, jetzt fängt das alles an, irgendwie Sinn zu machen.
Zorn über einen Agenten, der es wagte, mit deutschen Spionen aufzuräumen, Pearl Harbour zuzulassen, deutsche Psychiater zu beschützen, das Land und seine bekannteren Meinungsführer einer Herrschaft des Terrors zu unterwerfen, sogar die Ermordung eines viel zu liberalen Präsidenten; all das trägt den Stempel einer einzigen Sache: eine heimliche Liebe zum Faschismus und eine wissentliche oder unwissentliche Orientierung seiner Aktionen nach faschistischer Art hat das Justizministerium nicht nur dazu geführt, Hoover zu beschützen, sondern ihn aufrechtzuerhalten.
Wahrscheinlich erkennen Angestellte, Rechtsanwälte und sogar „G-Men“ des Justizministeriums nicht bewusst, wohin sie geführt wurden.
Ein Ministerium, das solche Gesinnungen und Taktiken begünstigt, wird immer Verbrechen und Gesetzlosigkeit schaffen.
Faschismus und Geheimpolizei gehören nicht auf den Schauplatz Amerikas.
Es ist recht wunderbar zu sehen, wie diese Leute Besorgnis über Verbrechen und Revolte in den Mund nehmen.
Sie bringen dies hervor, beginnen und fördern es mit ihrer rohen, nackten Rachsucht gegen das amerikanische Volk.
Das Land, und man kann nichts anderes tun, als das zu sehen, würde ohne jegliches „Justiz“-Ministerium einfach großartig zurechtkommen.
Die Geldbewilligungen, die es erhält, indem es die Verbrechen vorzeigt, die es nicht handhabt, und die Unruhe und den Revolutionsgeist, die es erzeugt, sollten vollkommen aufgehalten werden, bevor es alle Polizeikräfte im Land übernimmt und wir ernstlich einen kompletten und totalen Faschismus bekommen.
Aber dennoch, ein Rätsel ist gelöst.
Während all seiner Jahre jagte Herr Hoover unbarmherzig nach „Staatsfeind Nr. 1“. Da die Verbrechen während seiner Herrschaft immer weiter in die Höhe schossen, war die Suche anscheinend vergebens.
Aber was sagt man dazu? Jetzt, nachdem letztlich alle Archive geöffnet worden sind, wissen wir, wer Staatsfeind Nr. 1 war. Es war J. Edgar Hoover!
L. Ron Hubbard – 23. Februar 1975