Bryan Wilson, Dr. Phil. – Scientology – Vergleichende Analyse ihrer religiösen Lehre und Doktrin

PostHeaderIcon Scientology: Vergleichende Analyse ihrer religiösen Lehre und Doktrin

i. DIE VIELFALT DER RELIGIONEN UND DIE PROBLEME EINER DEFINITION

i.i. Definitorische Elemente des Begriffs Religion

Es gibt nicht eine einzige endgültige Definition des Begriffs Religion, die von Wissenschaftlern generell akzeptiert wird. Unter den vielen vorgeschlagenen Definitionen gibt es jedoch eine Anzahl von Elementen, auf die häufig Bezug genommen wird. Diese Elemente treten in verschiedenen Kombinationen auf und umschließen:

(a) Glaubensvorstellungen, Praktiken, Beziehungen und Institutionen mit Bezug auf:

1) übernatürliche Kräfte, Wesen oder Ziele;

2) eine höhere unsichtbare Macht oder Mächte;

3) grundlegende Fragen des Menschen über seine Existenz;

4) heilige Dinge (an eigens dafür vorgesehenen Orten und tabu);

5) ein Objekt zum Zwecke der spirituellen Hingabe;

6) eine Kraft, die das Schicksal der Menschheit bestimmt;

7) den Seinsgrund;

8) eine Quelle von transzendentem Wissen und Weisheit;

(b) Praktiken, die Gehorsam, Ehrfurcht oder eine Andachtshandlung konstituieren;

(c) Kollektiv- oder Gruppencharakter der religiösen Lebensweise.

Auch wenn die jeweiligen Verursachungen oder Anlässe selten Eingang in die Definitionen der Religion finden, so wird doch manchmal auf eine „empiristische Begegnung mit dem Geistigen“ hingewiesen. Konsequenz und Funktion der Religion werden wie folgt angezeigt:

(a) Wahrung einer sittlichen Gemeinschaft;

(b) Verleihung einer Gruppen- und/oder individuellen Identität;

(c) ein Orientierungsrahmen;

(d) ein menschengerecht konstruiertes Universum mit Sinn und Zweck;

(e) Zusicherung von und Beruhigung hinsichtlich der Aussicht auf Hilfe und Erlösung.

Religion ist stets normativ. Da sich jedoch jede Religion von anderen unterscheidet, versuchen moderne Experten in Religionssoziologie und vergleichender Religionswissenschaft das Normative zu erörtern, ohne sich selbst daran zu binden.

Die Verschiedenartigkeit der Glaubensvorstellungen, Praktiken, Rituale und der Organisationsstrukturen ist jedoch so breit gefächert, daß jegliche Definition der Religion mit dem Versuch, alle bekannten religiösen Manifestationen miteinzuschließen, überfordert ist.

i.ii. Die ursprüngliche Verwendung des Begriffes

Der Begriff „Religion“ wurde in der Vergangenheit oft mit direkten Manifestationen von Glaubensvorstellungen und Praktiken der westlichen Welt gleichgestellt. Es wurde allgemein angenommen, daß – abgesehen von Christen, Juden und Muslimen – andere Menschen keine Religion im eigentlichen Sinne hätten. Sie waren „Heiden“. Theologen tendierten bei der Verwendung des Begriffs „Religion“ dazu, das Christentum zu meinen, und in England wurde unter „Christentum“ meist speziell das Glaubenbekenntnis verstanden, das von der Church of England offeriert wurde. Diese begrenzte Verwendung des Begriffs verlor sich jedoch zunehmend und in dem Maß, wie das Wissen um die östlichen Glaubenssysteme wuchs und die Religionswissenschaft die engen normativ vorgeschriebenen Schranken der traditionellen christlichen Theologie hinter sich ließ. Heute ist Religion das Studienobjekt akademischer Fachgebiete – insbesondere in den Sozialwissenschaften – die objektiv und neutral an dieses Thema herangehen, ohne daß dies in irgendeiner Weise die Anhängerschaft zu einer bestimmten Religion oder die Bevorzugung einer Religion gegenüber einer anderen implizieren würde.

i.iii. Kulturbedingte Vorurteile und die Definition von Religion

Die Schaffung einer kompromißlosen Neutralität auf dem Gebiet der Religionswissenschaft ging jedoch nur langsam vonstatten. Einige zeitgenössische Studien auf dem Gebiet der vergleichenden Religionswissenschaft offenbaren immer noch offensichtliche Vorurteile. Selbst in den Sozialwissenschaften, die der wertfreien Forschung explizit verpflichtet sind, zeigen sich in den Arbeiten zwischen den beiden Weltkriegen gewisse Vorurteile. Insbesondere wurde oft ungerechtfertigterweise angenommen, daß ein Prozeß der religiösen Evolution analog zur biologischen Evolution stattgefunden habe, und daß die Religion der technisch am weitesten fortgeschrittenen Nationen zwangsläufig „höherwertiger“ sein müsse als die anderer Völker. Einige (besonders auffallend Sir James Frazier) waren der Auffassung, daß Religion einen Evolutionsschritt zwischen Magie und Wissenschaft darstelle.

i.iv. Heutige Verwendung des Begriffes

Sozialwissenschaftler der Gegenwart und zunehmend auch Theologen verwenden den Begriff in einem neutralen Sinne, ohne a priori anzunehmen, daß eine Religion wahrhaftiger sei als eine andere. Die gegenwärtige Annahme beruht nicht darauf, daß ein Glaube an einen Gott eine höhere Form der Religion darstelle, als ein Glaube an mehrere oder keine Götter. Man akzeptiert die Tatsache, daß eine Religion einen anthropomorphen Gott, irgendeine andere Gottform, ein übermächtiges Wesen, eine Vielzahl von Geistern oder Ahnen, ein universales Prinzip oder Gesetz postulieren kann oder den grundlegenden Glauben in anderer Weise ausdrücken kann. Bestimmte christliche Theologen wie zum Beispiel Bultmann, Tillich, van Buren und Robinson verzichten auf traditionelle Gottesbeschreibungen und ziehen es vor, vom „Seinsgrund“ oder der „letzten Bedeutung“ zu sprechen.

i.v. Begriffserweiterung

Nachdem Anthropologen zu der Feststellung gelangt waren, daß es offenbar keine einzige Völkergruppe gab, die nicht irgendeine Form übernatürlicher Glaubensvorstellungen hatte sowie Institutionen, die solche Glaubensvorstellungen förderten, zogen sie die Schlußfolgerung, daß es folglich – im erweiterten Sinn des Begriffs – keine Gesellschaft ohne Religion gibt. Mit dem Begriff „Religion“ wurden schließlich Phänomene bezeichnet, die eher eine familiäre Ähnlichkeit als eine gemeinsame Gleichheit ausdrückten. Religion wurde somit nicht mehr in Begriffen definiert, die sich auf eine spezielle religiöse Tradition bezogen. Die konkreten auf das Christentum bezogenen Elemente, die ursprünglich als grundlegend für die Definition der Religion erachtet worden waren, wurden nunmehr einfach als Beispiele dafür angesehen, was eine solche Definition beinhalten könnte. Die Aufzählung dieser konkreten Elemente wurde durch abstrakte Formulierungen abgelöst, die verschiedene Arten von Glaubensvorstellungen, Praktiken und Institutionen einschlossen. Auch wenn diese weit entfernt davon waren, wirklich gleich zu sein, so konnten sie doch als funktionale Äquivalente angesehen werden. Nach diesem Verständnis wohnten jeder Gesellschaft Glaubensvorstellungen inne, die – ungeachtet ihrer Unterschiede – die bekannte empirische Wirklichkeit transzendierten; und in jeder dieser Gesellschaften fand man Praktiken, die dazu bestimmt waren, den Menschen in Kontakt oder in eine enge Beziehung mit dem Übernatürlichen zu bringen. In den meisten Gemeinschaften gab es Personen, die jene speziellen Funktionen ausübten, die mit der Erreichung dieser Zielsetzung verbunden sind. Zusammengenommen wurden diese Elemente schließlich als tragende Elemente einer Religion betrachtet.

i.vi. Religiöse Vielfalt in einfachen Gemeinschaften

Bei relativ kleinen, stammesgebundenen Gemeinschaften gibt es häufig sehr komplexe Riten und Mythen, die im allgemeinen kein einheitlich intern integriertes und zusammenhängendes System darstellen. Religion ändert sich, und es gibt Zusätze sowohl im Mythos wie auch im Ritus durch die Kontakte eines Volkes mit Nachbarn oder eindringenden Völkern. Unterschiedliche Riten und Glaubensvorstellungen können in unterschiedlichen Situationen Anwendung finden (z. B. um Regen herbeizuführen, um die Fruchtbarkeit von Feldern, Tieren und Frauen sicherzustellen; um Schutz herbeizuführen; um Bündnisse zu festigen; als Einweihungszeremonie für bestimmte Altersgruppen oder Einzelpersonen usw.). Alle Aktivitäten dieser Art sind auf übernatürliche Kräfte ausgerichtet (wie auch immer diese definiert sind) und werden von Wissenschaftlern als religiös angesehen.

i.vii. Religiöse Vielfalt in fortschrittlichen Gesellschaftsformen

Die Kodizes religiöser Glaubensvorstellungen und Praktiken in technisch weiter fortgeschrittenen Gesellschaftsformen sind in der Regel sorgfältiger ausgedrückt und zeigen größeren inneren Zusammenhang und größere Stabilität. Elemente der Ungleichheit verbleiben aber auch in fortgeschrittenen Systemen. In keiner der großen Weltreligionen sind theologische Systeme oder die Schematisierung von Glaubensvorstellungen an das Übernatürliche vollständig kohärent. Unerklärte Reste sind überall vorhanden. Des weiteren finden sich auch Überreste früherer religiöser Ausrichtungen, wie z. B. Elemente religiöser Volksgebräuche, die unter der allgemeinen Bevölkerung bestehen bleiben. Die heiligen Schriften aller Hauptreligionen zeigen innere Widersprüche und Ungereimtheiten. Diese und andere Quellen verursachen Differenzen unter Religionsspezialisten, die verschiedene und zum Teil unverträgliche Interpretationen und exegetische Prinzipien annehmen. Diese wiederum stellen den Nährboden verschiedener Ausrichtungen dar, selbst innerhalb dessen, was gängig als Orthodoxie bezeichnet wird.

i.viii. Entwicklung eines religiösen Pluralismus

In fortgeschrittenen Gesellschaftsformen muß ein absichtliches und bewußtes Abweichen von der Orthodoxie als normales Phänomen betrachtet werden. Christen, Juden und Muslime sind sich uneinig, nicht nur innerhalb der Orthodoxie, sondern auch in abweichenden Gruppen, die jegliche Form der Orthodoxie ablehnen und eine andere Form der religiösen Praxis verfolgen (oder jegliche Art Religion kategorisch ablehnen). Solche Abweichungen sind am deutlichsten sichtbar im Rahmen von Zusammenhängen, bei denen es um die Ausschließlichkeit einer Religion geht – mit anderen Worten, wenn das Individuum aufgefordert wird, daß es als Anhänger einer bestimmten Religion die Bindung zu allen anderen Religionen aufgibt. Diese Art der Anbindung kommt in den jüdisch-christlich-islamischen Traditionen rigoros zur Anwendung. Nachdem europäische Regierungen damit aufgehört hatten, bestimmte Religionsformen vorzuschreiben, wurden abweichende religiöse Gebilde geduldet, und es wurden ihnen auch bestimmte allgemeine Religionsprivilegien zugestanden. In vielen Fällen führte das dazu, daß sie die allgemeine Religionsfreiheit genossen, wie sie in den Vereinigten Staaten verfassungsrechtlich festgelegt ist. Diese Situation, die es gegenwärtig einer großen Anzahl von religiösen Bekenntnissen erlaubt, nebeneinander zu bestehen, ist allgemein als „religiöser Pluralismus“ bekannt.

i.ix. Normative und neutrale Herangehensweise im Umgang mit Religion

Mit einer Religion gehen charakteristischerweise bestimmte Erzählungen (Mythen) und Lehren über das Übernatürliche einher, von denen erwartet wird, daß man an sie glaubt. Sie schreibt rituelle Praktiken vor. Eine Religion unterhält Institutionen (in der allgemeinen Bedeutung geordneter Beziehungen, sei es auf einem elementaren, persönlichen Niveau oder als komplexes System von Verhalten, Verfahrensweisen und Besitzverwaltung). Manchmal sind auch moralische Verhaltensregeln vorgeschrieben, wobei jedoch die Strenge solcher Vorschriften und die damit verbundenen Sanktionen große Variationen aufweisen. Zumindest aber definiert Religion Verpflichtungen und verspricht – in Form von Vorteilen, die auf übernatürlichem Wege zur Verfügung gestellt werden – Belohnung für Konformismus. Religion ist ein normatives System. Religiöse Lehrer („Theologen“ im Christentum, wobei dieser Begriff für bestimmte andere Religionen unzutreffend ist) billigen und unterstützen notwendigerweise diese Normen. Im Gegensatz dazu betrachten Sozialwissenschaftler die durch eine Religion vertretenen Werte einzig als Tatsachen, wobei sie deren Wert oder deren Berechtigung weder unterstützen noch ablehnen. Diese Herangehensweise entspricht derjenigen von solchen Gesetzesformulierungen, die darlegen, daß das Gesetz einzelne Religionen nicht diskriminiert. Da Religion normativ ist und intellektuell hauptsächlich das Fachgebiet der Theologen darstellt, gibt es in allen fortschrittlichen Gesellschaftsformen ein Erbgut an gelernter Sprache im Bereich der Religion, die den normativen Stempel der jeweiligen religiösen Verpflichtung trägt. Es ist deshalb von äußerster Wichtigkeit, die durch eine solche Sprache implizierte Wertepräferenz zu vermeiden und stattdessen die neutrale Terminologie der Sozialwissenschaften anzuwenden, wobei man versucht, eine angemessene Feinfühligkeit gegenüber denjenigen aufrecht zu erhalten, die sich religiös betätigen.

i.x. „Entliehene“ Nomenklatur

In der Vergangenheit wurden zur Definition und Beschreibung wesentlicher Religionselemente häufig Begriffe verwendet, die der religiösen Tradition derjenigen entliehen waren, die solche Definitionen und Beschreibungen formulierten. Es ist heute eine anerkannte Tatsache, daß die Verwendung von Begriffen, die einer bestimmten Religion zugeordnet sind, in jedem Fall die Darstellung anderer Religionen verzerrt und in aller Regel falsche Annahmen nach sich zieht. Vorstellungen, die sich im Rahmen einer bestimmten kulturellen und religiösen Tradition entwickelt haben, geben eine falsche Darstellung der funktionell äquivalenten aber formal verschiedenen Elemente der Religion in einer anderen religiösen Tradition. Beispiele solcher unpassender Anwendung sind Bezugnahmen auf „die buddhistische Kirche“, „das moslemische Priestertum“ oder im Falle der Dreifaltigkeit – „christliche Götter“. Obschon Handlungen der Verehrung, Huldigung, Kontemplation oder Hingabe allen fortschrittlichen Religionen zu eigen sind, haben gleichwohl Kommentatoren diese Handlungen nicht immer als „worship“ – als Andachtshandlung oder Gottesdienst – anerkannt, da dieser Begriff im westlichen Sprachgebrauch durch vorgefaßte christliche Vorstellungen und Vorschriften bezüglich angemessener Verhaltensweisen und Aktionen sehr belastet ist. So gibt es zum Beispiel im Buddhismus den funktionellen Gegenpart zur Gestaltung der göttlichen Lenkung der Gläubigen im christlichen Gottesdienst, doch findet dieser in einer anderen Form statt und wird üblicherweise mit anderen Begriffen beschrieben. Deshalb ist es notwendig – will man Religionen Gleichbehandlung zukommen lassen – abstrakte maßgebliche Begriffe zu wählen, um die Verschiedenheit religiöser Phänomene zu umfassen.

i.xi. Die innewohnende Schwäche der abstrakten oder objektiven Analyse

Dieser Gebrauch abstrakter Sprache, die als „nüchtern“ in dem Sinne betrachtet werden könnte, daß sie nicht durch die besonderen Überlieferungen einer bestimmten Religion infiziert ist, muß jedoch notwendigerweise darin versagen, all die eigentlichen Qualitäten irgendeines speziellen Glaubensgebäudes zu erfassen. Sie ist aber eine Notwendigkeit, wenn eine Beurteilung erreicht werden soll. Durch sie werden weder die kognitiven noch die emotionalen Aspekte des Glaubens, der Rituale, des Symbolismus und der Institutionen voll ausgeschöpft. Diese sozialwissenschaftliche Herangehensweise ermöglicht objektive Vergleiche und Erklärungen, vermittelt aber nicht – und erhebt auch keinen solchen Anspruch – die volle Substanz der tieferen Bedeutung oder der emotionalen Anziehungskraft, die eine Religion für ihre Anhänger darstellt.

ii. RELIGIONSMERKMALE

ii.i. Hauptsächliche Charakteristika der Religion

Im Einklang mit den vorstehenden Überlegungen können wir nun die Hauptmerkmale der Religion in abstrakten und allgemeinen Begriffen aufführen. Das Nachfolgende erhebt keinen Anspruch darauf, eine universalgültige Definition zu sein. Vielmehr stellt es eine Aufzählung von Kennzeichen und Funktionen dar, die häufig in Religionen vorgefunden und identifiziert werden.

Diese sind:

(a) der Glaube an eine wirkende Kraft (oder mehrere solche wirkende Kräfte), der die normale Sinneswahrnehmung transzendiert und sogar eine vollständig postulierte Seinsordnung einschließen kann;

(b) der Glaube, daß eine solche Kraft nicht nur die natürliche Welt und die Gesellschaftsordnung beeinflußt, sondern direkt darauf einwirkt und sie möglicherweise sogar erschaffen hat;

(c) der Glaube, daß irgendwann in der Vergangenheit ein deutlicher übernatürlicher Eingriff in menschliche Angelegenheiten stattgefunden hat;

(d) die Annahme, daß übernatürliche Kräfte die Geschichte und das Schicksal des Menschen überwacht haben. Wenn diese Kräfte anthropomorph dargestellt werden, wird ihnen gewöhnlich ein bestimmter Zweck zugeschrieben;

(e) der vorherrschende Glaube, daß das menschliche Schicksal im Leben und im Leben nach dem Tod (oder in weiteren Leben) von der Beziehung abhängt, die mit diesen transzendentalen Kräften oder in Einklang mit ihnen hergestellt wird;

(f) es wird häufig (aber nicht unbedingt) die Glaubensvorstellung vertreten, daß diese überweltlichen Kräfte willkürlich das Schicksal eines Menschen bestimmen, daß jedoch der Mensch durch sein Verhalten nach vorgeschriebener Weise seine Erfahrungen im weltlichen Leben oder im Leben nach dem Tod (oder in weiteren Leben) oder in beiden beeinflussen kann;

(g) es gibt vorgeschriebene Handlungen für einzelne Personen, Gruppen oder repräsentative Darbietungen: Rituale;

(h) Elemente günstigstimmender Handlungen bleiben bestehen (sogar in fortschrittlichen Religionen). Durch sie erbitten einzelne oder Gruppen speziellen Beistand von übernatürlichen Wesen;

(i) Hingabe, Dankbarkeit, Huldigung oder Gehorsam werden von Gläubigen zum Ausdruck gebracht oder werden in gewissen Fällen von ihnen verlangt, gewöhnlich in Gegenwart symbolischer Darstellungen der übernatürlichen Kraft (Kräfte) des jeweiligen Glaubens;

(j) Sprache, Gegenstände, Plätze, Gebäude und Jahreszeiten, die besonders mit dem Übernatürlichen in Verbindung gebracht werden, werden als heilig angesehen und können selbst zum Objekt der Verehrung werden;

(k) es gibt regelmäßige Darbietungen von Riten oder Ausführungen, Ausdrucksformen der Hingabe, Feiern, Fastenzeiten, kollektive Bußleistung, Wallfahrten und Neuinszenierungen von oder Gedenken an Episoden des weltlichen Lebens von Göttern, Propheten oder wichtigen Lehrern;

(l) Andachtshandlungen oder Gottesdienste und die Ausführung der Lehren vermitteln ein Gefühl der Gemeinschaft und Beziehungen untereinander, die auf Wohlwollen, Freundschaft und gemeinsame Identität aufgebaut sind;

(m) sittliche Regeln werden den Gläubigen häufig auferlegt, obschon das Gebiet ihrer Bedeutung verschieden sein kann: Sie können in rechtlichen und rituellen Begriffen ausgedrückt sein oder eher als Übereinstimmung mit dem Geist einer nicht so spezifischen, höheren Ethik dargeboten werden;

(n) die Ernsthaftigkeit der Zielsetzung, unterstützende Verpflichtung und lebenslange Hingabe sind normative Anforderungen;

(o) je nach ihren Handlungen häufen Gläubige Verdienst oder Schuld an, die mit einem moralischen System von Belohnung und Bestrafung verbunden sind. Der präzise Zusammenhang zwischen Tat und Folge variiert. Er reicht von automatischen Wirkungen auf vorgegebene Ursachen bis hin zu dem Glauben, daß persönliche Schuld durch hingebungsvolle und rituelle Akte, durch Beichte und Reue oder durch das besondere Einschreiten übernatürlicher Kräfte annulliert werden kann;

(p) gewöhnlich besteht eine spezielle Gruppe von religiösen Amtsträgern, die als Verwalter von heiligen Objekten, Schriften und Plätzen fungieren – Spezialisten der Doktrin, des Rituals und der Seelsorge;

(q) diese Spezialisten werden üblicherweise für ihre Dienste bezahlt, sei es durch Abgaben, Lohn für spezielle Dienste oder durch festgelegte Gehälter;

(r) wenn Spezialisten sich der Systematisierung der Doktrin widmen, wird gewöhnlich der Anspruch erhoben, daß religiöses Wissen Antworten für alle Probleme bietet und den Grund und Zweck des Lebens erklärt, wobei dies häufig auch vorgegebene Erklärungen über den Ursprung und die Funktion der physikalischen Welt und der menschlichen Psychologie miteinschließt;

(s) durch Bezugnahme auf Offenbarungen und Tradition wird Anspruch auf die Legitimität religiösen Wissens und religiöser Institutionen erhoben: Neuerung wird gewöhnlich als Restauration gerechtfertigt; und

(t) Anspruch auf Wahrheit der Lehre und Wirksamkeit der Riten werden keinen empirischen Überprüfungen unterworfen, da die Ziele schlußendlich transzendent sind und für die Ziele sowie auch die willkürlichen Maßnahmen, die zu deren Erreichen empfohlen werden, Glaube gefordert wird.

Die vorstehenden Aufzählungen sind nicht im Sinne einer Conditio sine qua non zu betrachten, sondern eher als Möglichkeiten: Es sind Phänomene, die empirisch häufig gefunden werden. Die obige Aufzählung kann als Wahrscheinlichkeitsinventar angesehen werden.

ii.ii. Unwesentliche Merkmale der Religion

Die vorstehende Bestandsaufnahme ist in Begriffen sehr abstrakter Verallgemeinerung ausgedrückt, aber tatsächliche Religionen sind historische Gebilde und nicht logische Konstruktionen. Sie umfassen sehr verschiedene Organisationsprinzipien, Verhaltensregeln und Glaubensmuster. Vielfach ist es nicht leicht, eine allgemeingültige Formel zu finden, und wenn die vorgefaßten Meinungen (oft unbewußt) der christlichen Tradition beiseite gelegt sind, wird klar, daß viele der konkreten Gebilde, die – gemessen am christlichen Modell – als Conditio sine qua non der Religion betrachtet werden könnten, sich in anderen Systemen de facto nicht auffinden lassen. In der vorstehenden Bestandsaufnahme wurde jeglicher Bezug auf ein höchstes Wesen unterlassen, da für Theravada-Buddhisten (und für viele Mahayana-Buddhisten), Jainisten und Taoisten der Begriff keine Gültigkeit hat. Gottesdienst oder Andacht, wie oben angeführt, hat im Buddhismus eine gänzlich andere Bedeutung als die für den gläubigen Christen. Die Bestandsaufnahme nimmt keinen Bezug auf Glaubenssätze, die zwar besonders in der christlichen Tradition von Bedeutung sind, jedoch in anderen Religionen keine solche Wichtigkeit aufweisen.

Die Seele wird nicht genannt, obschon dieser Begriff im orthodoxen Christentum von großer Bedeutung ist, da die Doktrin der Seele im Judentum etwas fraglich ist und von bestimmten christlichen Vereinigungen ganz abgelehnt wird (z. B. von den Siebenten-Tags-Adventisten und den Zeugen Jehovas – wobei jeder dieser Bewegungen Millionen von Gläubigen in der ganzen Welt anhängen – sowie von den Christadelphians (Urchristen) und denjenigen Puritanern, einschließlich Milton, die als Moralisten bekannt wurden).

Sie enthält keine direkte Bezugnahme auf die Hölle in irgendeiner Bedeutung der im Christentum entwickelten Idee, da diese im Judentum fehlt. Leben nach dem Tod wird im Singular und im Plural aufgeführt, um den zwei christlichen Ideen der Seelenwanderung und der Auferstehung gerecht zu werden sowie auch den etwas verschiedenen Darstellungen der Reinkarnation im Buddhismus und Hinduismus. Keiner dieser einzelnen Punkte kann als absolut notwendig für eine Definition der Religion an sich angesehen werden.

iii. KURZE SKIZZIERUNG DER SCIENTOLOGY-RELIGION

iii.i. Die Scientology-Kirche als neue Religion

Die Scientology-Kirche ist eine unter mehreren neuen religiösen Bewegungen, die Merkmale beinhaltet, welche in gewisser Hinsicht mit einigen der Trends korrespondieren, die in der Hauptrichtung der westlichen Religionen erkennbar sind (wie in den vorausgehenden Abschnitten ausgeführt ist). Sie hat eine zeitgenössische, umgangssprachliche und unmystische Sprache; und sie präsentiert ihre Dogmen als objektive Tatsachen. Ihr Verständnis von Erlösung hat sowohl eine unmittelbare als auch eine letztendliche Dimension. Durch den weiten Zuspruch, den sie in der Bevölkerung fortschrittlicher Länder gefunden hat, wurde sie zu einem Brennpunkt des Interesses bei Soziologen und anderen Wissenschaftlern, die sich mit neuzeitlichen Religionen beschäftigen.

iii.ii. Meine Kenntnisse der Scientology

Ich begann im Jahre 1968 die von der Scientology-Kirche veröffentlichte Literatur zu lesen, und habe sogar einmal eine Studie über diese Bewegung geplant. Ich habe diese Arbeit zwar dann nicht ausgeführt, aber doch weiterhin Scientology-Literatur gelesen. Ich habe das Hauptquartier der Kirche in Saint Hill Manor in East Grinstead besucht und Scientologen kennengelernt. Seit dieser Zeit bin ich mit der Bewegung in England in Verbindung und habe Saint Hill Manor und einer Scientology-Kirche in London noch weitere Besuche abgestattet. Ich habe mir das große Interesse an der Entwicklung dieser Religion als einer von mehreren zeitgenössischen Religionen bewahrt, die für mich, als Soziologe, Gegenstand meines Interesses sind. Ich habe neben anderem Material eher vergänglicher Natur folgende Arbeiten gelesen, bei denen es sich ausschließlich um offizielle Veröffentlichungen handelt, die meist von L. Ron Hubbard verfaßt sind:

Handbuch für Preclears

Scientology 8-80

Scientology 8-8008

Einführung in das E-Meter

Die dynamischen Kräfte des Lebens

Dianetik: Der Leitfaden für den menschlichen Verstand

Test of Whole Track Recall

Die Probleme der Arbeit

Selbstanalyse

The Creation of Human Ability

The Phoenix Lectures

Die Axiome der Scientology

Fortgeschrittenes Verfahren und Axiome

Scientology: Eine neue Sicht des Lebens

The Character of Scientology

Zeremonien der Scientology-Kirche

The Scientology-Religion

Die Wissenschaft des Überlebens

Einführung in die Ethik der Scientology

Der Weg zum Glücklichsein

Beschreibung der Scientology-Religion

Was ist Scientology?

Das Scientology-Handbuch

In von mir verfaßten Arbeiten über neue Religionen habe ich mich gelegentlich auf Scientology bezogen, und eine kurze Beschreibung dieser Religion in mein Buch Religious Sects (London: Weidenfeld, 1970) aufgenommen, sowie eine längere Abhandlung über den religiösen Charakter der Scientology in mein späteres Buch The Social Dimensions of Sectarianism (Oxford: Clarendon Press, 1990). Ich habe mein Interesse an der Bewegung in den vergangenen 26 Jahren aufrechterhalten.

iii.iii. Dianetik: Die Entstehung der Scientology

Als L. Ron Hubbard im Mai 1950 erstmals die Lehre der Dianetik, aus der sich später die Scientology entwickelt hat, schriftlich niederlegte, nahm niemand an, daß es sich dabei um ein System religiöser Überzeugungen und Praktiken handelt. Dianetik, eine Abreaktions-Therapie, war nicht in der Sprache des Glaubens verfaßt. Es besteht kein Grund zu der Annahme, daß Hubbard sich damals vorstellte, daß die Dianetik zu einem Glaubenssystem würde, oder daß seine Anhänger sich einmal als Kirche bezeichnen und organisieren würden.

iii.iv. Geistige Heilung und Religion

Therapeutische Praktiken beinhalten jedoch oft das Potential, metaphysische und religiöse Bindungen einzugehen wie – auf unterschiedliche Weise – bei der Christlichen Wissenschaft, der New Thought-Bewegung und Yogatechniken zu sehen ist. Auf der anderen Seite haben etablierte Religionen gelegentlich spezialisierte Aktivitäten entwickelt, die sich mit Heilung beschäftigen, insbesondere mit der geistigen Heilung. Größere Kirchen haben bisweilen Abteilungen eigens für diese Zwecke eingerichtet. Die Dianetik berief sich anfänglich nicht auf religiöse Prinzipien, aber als die theoretische Begründung für die Praxis an Umfang zunahm, wurde mehr und mehr eine metaphysische Dimension erkannt, und einige der dargelegten Vorstellungen wurden in Begriffen mit eindeutig religiöser Bedeutung beschrieben.

iii.v. Wie Religionen entstehen

Alle Religionen sind ein Produkt der Entwicklung. Niemals ist eine Religion als ein von Anfang an vollständig fertiges System von Glauben und Praktiken entstanden. Die Scientology ist hier keine Ausnahme: Aus einem Komplex therapeutischer Theorien hat sich eine Religion entwickelt. Man könnte auch schwerlich den genauen Zeitpunkt bestimmen, an dem das Christentum zu einer Religion geworden ist, das ja als lose Sammlung ethischer Ermahnungen und gelegentlicher Wunder begonnen hat, dann zu einer populären Bewegung unter den Galiläern wurde, sich allmählich zu einer jüdischen Sekte entwickelte und schließlich eine eigenständige Religion wurde. Selbst dann dauerte es noch Jahrhunderte, bis seine Lehrsätze vollständig formuliert waren, und seine Bräuche unterzogen sich weiterhin häufiger Änderungen. In den Bewegungen der jüngeren Vergangenheit ist der Prozeß der Entwicklung zur Religion noch klarer erkennbar. Die Ursprünge der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten gehen auf den unter Baptisten, Presbyterianern, Methodisten und anderen im Norden des Bundesstaates New York in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts weit verbreiteten Glauben an die baldige Wiederkunft Jesu Christi zurück; die Kirche wurde erst im Jahr 1860 gegründet. Es vergingen auch mehrere Jahrzehnte, bis nach den ersten Klopf-Erlebnissen (der Fox-Schwestern) in Hydesville (es sollen Nachrichten aus der „Geister-Welt“ gewesen sein) eine Spiritualisten-Kirche gegründet wurde. Und auch Mary Baker Eddy hatte vor ihrer „Entdeckung“ der „geistigen Heilung“ im Jahr 1866 jahrelang mit den verschiedensten Heilungssystemen experimentiert; und auch dann glaubte sie noch einige Jahre lang, daß ihr System eher in die großen Kirchen integriert werden würde, statt die Grundlage für die Kirche Christi, Wissenschaftler zu werden, die sie im Jahr 1875 gegründet hat. Die Pfingstbewegung erfuhr ab dem Jahr 1900 die Gnadengaben des Redens in unbekannten Sprachen, der Prophezeiungen, Heilungen und anderer „Gaben“, aber Pfingstbewegungskirchen bildeten sich nur sehr allmählich während der nächsten zwei Jahrzehnte. Keine dieser Bewegungen, die alle zu eigenständigen Religionen wurden, hat als solche begonnen – auch die Scientology nicht.

iii.vi. Scientology: Die Entwicklung der Metaphysik

Auch auf die Gefahr eventueller Wiederholungen hin ist es notwendig, eine allgemeine Zusammenfassung der Hauptlehren von Scientology zu geben und aufzuzeigen, inwieweit die Glaubensgrundsätze ein zusammenhängendes religiöses System darstellen. Die Scientology hat sich aus einem enger gesteckten therapeutischen System, der Dianetik, entwickelt. Es wurde angedeutet, daß diese Bezeichnung eine Zusammensetzung aus dia = „durch“ und nous = „Geist“ oder „Seele“ ist, und daher, auch wenn anfänglich nicht voll bewußt, eine religiöse Perspektive darstellte. Mit der Aufnahme der Dianetik in den größeren Rahmen der Scientology wurde eine wesentlich breitere Vorstellung eines umfassenden metaphysischen Systems zum Ausdruck gebracht, das die grundlegend religiöse Natur dieser Philosophie verdeutlichte. Während die direkte Anwendung der Dianetik – wie die Lehren Christi zu seinen Lebzeiten – im Bereich der geistigen Heilung lag, implizierte der Tenor der nachfolgenden Lehren, die diese therapeutische Aktivität erklärten und förderten, ein wachsendes Erkennen spiritueller Vorstellungen und Werte.

iii.vii. Scientology: Der Thetan und der reaktive Verstand

Das grundlegende Postulat der Scientology ist, daß der Mensch eine spirituelle Einheit ist, ein Thetan, der in aufeinanderfolgenden Leben unterschiedliche menschliche Körper bewohnt. Im Thetan drückt sich Theta individuell aus. Unter Theta versteht man das Leben oder die Quelle des Lebens. Grob definiert ist der Thetan die Seele, aber er ist auch die wirkliche Person, die andauernde Identität, die fortbesteht und den Körper, den sie bewohnt, transzendiert. Der Thetan wird als immateriell und unsterblich betrachtet, oder zumindest als mit der Möglichkeit zur Unsterblichkeit und einem unendlichen schöpferischen Potential ausgestattet. Er ist nicht Teil des physikalischen Universums, aber er hat die latente Möglichkeit, dieses Universum zu kontrollieren, das aus Materie, Energie, Raum und Zeit (Matter, Energy, Space und Time = MEST) besteht. Man geht davon aus, daß die Thetane die materielle Welt hauptsächlich zu ihrem eigenen Vergnügen geschaffen haben (was man auch von der Erschaffung der Welt durch den christlichen Gott sagen könnte). Der Glaube beinhaltet, daß die Thetane irgendwann vor langer Zeit zu Opfern ihrer eigenen Verstrickung in MEST und in ihm gefangen wurden, und ihrer eigenen Schöpfung erlaubt haben, ihre Fähigkeiten zu beschränken und ihren Handlungsbereich einzuschränken. Deshalb schöpft der Mensch in seinen Aktivitäten und Leistungen in der gegenwärtigen materiellen Welt bei weitem nicht sein volles Potential aus: Er wird durch unzählige vergangene Verstrickungen in MEST behindert und diese werden in einem reaktiven Verstand aufgezeichnet, der auf alles irrational und gefühlsmäßig reagiert, das schmerzhafte und traumatische vergangene Erfahrungen wachruft (die er erlitten oder anderen zugefügt hat). Der reaktive Verstand funktioniert ungeachtet des Ausmaßes an Kontrolle, das er über seinen Körper und seine Umwelt ausüben könnte, wenn er in der Lage wäre, seine wirklichen ursprünglichen geistigen Fähigkeiten wiederzuerlangen. Es wird zwar davon ausgegangen, daß der Mensch im Grunde gut ist und wünscht zu überleben und auch dazu fähig ist, aber die Verwirkung seiner Fähigkeiten in der Vergangenheit hat ihn zu einer gefährdeten Spezies gemacht.

iii.viii. Scientology: Wiedergeburt und Karma

Der scientologische Glaube besagt, daß die Thetane über Äonen hinweg unzählige Körper bewohnt haben. Scientology beinhaltet daher eine Theorie, die, auch wenn sie sich in Einzelheiten unterscheidet, wesentliche Annahmen mit der Theorie der Reinkarnation gemeinsam hat, die im Hinduismus und Buddhismus vertreten wird. Die Betonung der Bedeutung, die vergangene Handlungen auf das gegenwärtige (oder zukünftige) Leben haben, ähnelt der Vorstellung des Karma. „Overt-Handlungen“ (schädliche Handlungen), die ein Aspekt der Verstrickung mit dem materiellen Universum sind, haben widrige Auswirkungen zur Folge. Das Ideal für den Thetan ist die Aufrechterhaltung rationalen Handelns und „ursächlich“ zu sein, d. h., den Ablauf der Ereignisse in seiner direkten Umgebung zu bestimmen. Diese Vorstellung besitzt eindeutige Analogien mit der östlichen Vorstellung der Schaffung guten Karmas für die Zukunft durch gute Taten, wenngleich die Scientologen diese Bezeichnungen oder Sichtweisen nicht verwenden. Geschehnisse in vergangenen Leben wirken sich auf die Gegenwart aus, aber durch die in der Scientology entwickelten Techniken können sie wieder erinnert und konfrontiert werden, und die spezifischen Ursachen von Problemen in der Gegenwart können in solchen Geschehnissen gefunden werden. Dies ist die Grundlage für die spirituelle Heilung, d. h. die Techniken bieten die Möglichkeit, die Auswirkungen des Karmas vergangener Handlungen zu verändern.

iii.ix. Scientology: Die acht Dynamiken

Die Existenz kann der Scientology zufolge in acht verschiedenen Unterteilungen in einer aufsteigenden Größenordnung betrachtet werden, von denen jede als Dynamik bezeichnet wird. Diese sind, kurz umrissen: 1. Die Selbst-Dynamik, der Drang des Selbst zur Existenz; 2. die Sex-Dynamik, die sowohl den Geschlechtsakt als auch die Familieneinheit und die Erhaltung der Familie beinhaltet; 3. der Wille zur Existenz, der in einer Gruppe oder einer Gemeinschaft gefunden wird, wie zum Beispiel einer Schule, Stadt oder Nation; 4. der dynamische Wille der Menschheit, ihre Existenz zu bewahren; 5. die Existenz und der Wille zum Überleben des gesamten Tierreiches, was alle Lebewesen umfaßt; 6. der Drang zur Existenz des gesamten physikalischen Universums der Materie, der Energie, der Zeit und des Raumes; 7. „der Drang zur Existenz von oder als geistigen Wesen“, was alle spirituellen Phänomene mit oder ohne Identität einschließt, und schließlich die 8. Dynamik: Der Drang zur Existenz als Unendlichkeit. Diese Dynamik wird als höchstes Wesen identifiziert; sie kann auch als „Gott-Dynamik“ bezeichnet werden. Die Scientology befaßt sich mit dem Überleben, und das Überleben jeder dieser Dynamiken wird als Teil des Ziels der Praktik von Scientology gesehen. Auch wenn sich ein Großteil der anfänglichen Praktiken der Scientology mehr auf den persönlichen spirituellen Nutzen für die (Preclears) konzentriert, die scientologische Hilfe suchen, muß daher doch jeder Scientologe letztendlich erkennen, daß sein gegenwärtiges Leben nur ein Bruchteil seiner fortdauernden Existenz als Thetan ist. Und er muß erkennen, daß das Leben des einzelnen mit jeder dieser aufsteigenden Ebenen verbunden ist, die in den acht Dynamiken beschrieben sind, und daher letztendlich mit der Existenz und dem Überleben des höchsten Wesens oder der Unendlichkeit.

iii.x. Scientology: Therapie und Kommunikation

Wie in anderen Religionen ist das Haupt- und ursprüngliche Anliegen vieler Menschen, die von der Scientology-Religion angezogen werden, die sofortige Erlösung von unmittelbaren Leiden und Nöten; dies ist der Reiz des therapeutischen Elementes, das sich in vielen Religionen wiederfindet – und besonders deutlich im frühen Christentum – neben den mehr mystischen, metaphysischen, spirituellen Lehren, die die Gläubigen begreifen sollen, wenn sie im Glauben wachsen (siehe Hebräer, 5,12-14). Die meisten Scientologen erfuhren zuerst von der Möglichkeit, ihr tägliches Leben zu verbessern, und ihre Intelligenz zu erhöhen (durch zunehmende Kontrolle über den reaktiven Verstand). Die Möglichkeit, solche Resultate durch Auditing zu erzielen, kommt in einer Vorstellung, die als A-R-K formuliert wird, zum Ausdruck. A steht für Affinität, die emotionelle Erfahrung und Beziehung des Individuums zu anderen. R steht für Realität, der Grad an Übereinstimmung von Individuen in Bezug auf objektive Phänomene. K steht für Kommunikation (engl. Communication), der in Scientology große Bedeutung beigemessen wird. Wenn Menschen Affinität besitzen, wenn sie sich über die Natur objektiver Phänomene einig sind, dann kann Kommunikation sehr leicht erfolgen. Verbunden mit dieser dreiwertigen Vorstellung von A-R-K ist die Skala der menschlichen Emotionen, die den Scientologen als „Tonskala“ bekannt ist. Wenn der emotionelle Ton abfällt, dann wird auch die Kommunikation schwierig und die Realität wird als schlecht erfahren. Die Kommunikation selbst ist jedoch ein Mittel, das darauf ausgerichtet ist, das Verstehen zu erhöhen und, effektiv und präzise angewandt, wird sie das wichtigste therapeutische Mittel, um den einzelnen aus seiner Verstrickung mit der materiellen Welt zu befreien. Der Thetan kann in die Lage versetzt werden, mit seiner eigenen Vergangenheit zu kommunizieren, die Natur vergangener traumatischer Erfahrungen zu erkennen und zu einer Selbsterkenntnis zu gelangen, die es ihm erlaubt, diesen Verstrickungen zu entkommen.

iii.xi. Scientology: Auditing als therapeutische Tätigkeit

Die Tonskala ist die erste Darstellung, aus der das Individuum die Möglichkeit erkennt, von Scientology zu profitieren. Sie zeigt einen Anstieg, weg von einem chronischen emotionellen Ton wie Apathie, Trauer und Furcht hin zu Enthusiasmus (und auf fortgeschritteneren Ebenen bis zu Überschwang und heiterer Gelassenheit). Einen Nutzen dieser Art zu erfahren, ist, was viele zuerst zur Scientology zieht. Die Technik für diesen Fortschritt ist im Auditing zu finden, in dem ein ausgebildeter Scientologe unter Verwendung sorgfältig kontrollierter Fragen einer Person Erlebnisse aus ihrer eigenen Vergangenheit in ihr Bewußtsein zurückruft, die einen traumatischen Eindruck (ein „Engramm“) in ihrem reaktiven Verstand hinterlassen haben und die die Person davon abhalten, sich rational zu verhalten. Die Befreiung von den Auswirkungen dieser Hindernisse für vernünftiges Denken ist somit der Vorgang, durch den eine Person auf der „Tonskala“ aufsteigt und so ihre Kompetenzen erhöht, aber sie ist auch – und hierin liegt ihre tiefere religiöse Bedeutung – die Methode, mit der der Thetan Erlösung erreichen kann, zuerst durch die Beseitigung der Aberrationen, die er als Folge seiner Verstrickung mit der materiellen Welt erleidet, und letztendlich durch das Erreichen der völligen Freiheit von den negativen Folgen des MEST-Universums. Die Scientologen bezeichnen diesen Zustand als „ursächlich sein“. Er weist eindeutige Analogien mit der Art von Erlösung, die in östlichen Religionen angeboten wird, auf. Da auch diese den einzelnen als von den Auswirkungen vergangener Handlungen (Karma) behindert sehen, ist die Vorstellung der Erlösung, die sie vertreten, ebenfalls ein Vorgang (Erleuchtung), durch den die Wirkung des Karmas gebrochen und die Person befreit werden kann. Das letztendliche Ziel für den einzelnen ist ein Zustand, der „Operating Thetan“ (Operierender Thetan) genannt wird, in dem das Individuum sich außerhalb des Körpers befindet, „exterior“ zu allem Physischen. Diesen Zustand würden zumindest einige Christen als Zustand der geretteten Seele anerkennen.

iii.xii. Scientology: Erlösung durch Vernunft

Die oben beschriebene religiöse Philosophie liegt der Praktik der Scientology zugrunde. Hubbard selbst sah in ihr gewisse Ähnlichkeiten zur Philosophie östlicher Religionen. Insbesondere zitierte er die Weden, die Schöpfungshymnen, die einen Teil der Hindu-Tradition darstellen und eine Sicht enthalten, die dem „Aktionszyklus“ in Scientology sehr nahe kommt. Der Aktionszyklus ist der scheinbare Ablauf des Lebens, von der Geburt über das Wachstum hin zu Verfall und Tod. Aber durch das Wissen, das in Scientology zur Verfügung steht, können die negativen Auswirkungen dieses Zyklus vermieden werden. Er kann von einem Zyklus der Schöpfung, des Überlebens und der Zerstörung in einen Zyklus umgewandelt werden, in dem alle Elemente schöpferische Handlungen sind. Scientology hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kreativität zu fördern und Chaos und Negativität zu beseitigen. Sie erkennt eine fortlaufende „Abstammungslinie“ der Weisheit von den Weden und Gautama Buddha bis hin zur christlichen Botschaft und sieht gewisse Verbindungen mit all diesen Lehren. Zwar ermöglichten zum Beispiel die Weisheiten des Buddhismus bestimmten Individuen gelegentlich, die Erlösung in einem Leben zu erreichen, es gab aber keine genau festgelegten Praktiken, die zum letztendlichen Ziel der Erlösung führten. Die Chancen einer Wiederholung waren äußerst gering. Die Erlösung blieb Spielball unkontrollierbarer und willkürlicher Faktoren. Wenn überhaupt, so wurde das Ziel der Erlösung nur von wenigen gelegentlich erreicht. Hubbard bemühte sich, religiöse Praktiken zu standardisieren, sogar beinahe zur Routine zu machen, und dadurch die Vorhersagbarkeit soteriologischer Ergebnisse zu erhöhen. Diese Anwendung technischer Methoden zur Verwirklichung spiritueller Ziele zeigt, in welchem Ausmaß Scientology moderne Techniken anwendet, um Ziele zu verwirklichen, die früher, wenn überhaupt, nur hin und wieder erreicht wurden. Es ist der Versuch, Gewißheit und Ordnung in spirituelle Übungen und Ergebnisse einzuführen. Durch die Anwendung rationaler Methoden sucht Scientology, die religiöse Suche zu disziplinieren und zu ordnen. In diesem Sinne hat Scientology im Technologiezeitalter das getan, was der Methodismus in einer früheren Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung verwirklichen wollte, nämlich zu versuchen, die Menschen davon zu überzeugen, daß das Ziel der Erlösung nur auf kontrolliertem, diszipliniertem, ja methodischem Weg erreicht werden kann. Doch während die Praktiken der Methodisten immer noch tief in der relativ konventionellen Sprache des Christentums verwurzelt waren, sind die von Scientology vertretenen Methoden stark von einer Gesellschaft geprägt, die ihr Vertrauen auf rationale und technologische Prozesse setzt. Die Mittel, die Scientology anwendet, werden oft mit dem Upaya („richtige Methode“), der siebten Stufe des Bodhisattwa-Wegs zur Erlösung im Mahayana-Buddhismus verglichen. Dieser Version des Buddhismus zufolge wird der Gläubige beim Erreichen der siebten Stufe ein transzendentaler Bodhisattwa, der (wie der Operating Thetan bei Scientology) nicht mehr länger an einen physischen Körper gebunden ist.

iii.xiii. Scientology: Auditing als seelsorgerische Beratung

Die Methoden, die Scientology anwendet, stellen eine Form der seelsorgerischen Beratung dar, die insbesondere in den Techniken des Auditing in eine geordnete Form gebracht worden ist (lat. audire = zuhören). Die spezifischen Techniken des Auditings stellen den Kern aller scientologischen religiösen Praktiken dar. Diese in aufeinanderfolgenden Schritten aufgebauten Praktiken sind unbedingt notwendig, um die rettenden Heilswirkungen des Glaubens erfahren zu können. Sie wurden von Hubbard so gestaltet, daß der Prozeß spiritueller Erleuchtung in eine Reihe geordneter Verfahren gebracht wird, mit denen systematisch tiefere Bewußtseinsebenen erreicht werden können. Diese Methode soll, wie die der „Affirmation“ bei den Christlichen Wissenschaftern, sowohl frühere Sünden als auch die Auswirkungen von Leiden und Fehlhandlungen der Vergangenheit eliminieren.

iii.xiv. Scientology: Stufen der Erlösung

Die beiden Hauptstufen dieses soteriologischen Prozesses sind die Zustände, die als „Clear“ und „Operating Thetan“ beschrieben werden. Der Preclear, der Scientology zum ersten Mal begegnet, trägt den mentalen Ballast vergangener schmerzlicher und seelisch belastender Erfahrungen mit sich. Auditing sucht, diese Punkte ins Bewußtsein zu bringen und das Individuum zu veranlassen, mit seiner Vergangenheit zu kommunizieren sowie die Geschehnisse, die emotionale Entladungen hervorrufen, zu konfrontieren, und dadurch das Individuum an einen Punkt heranzuführen, an dem es diese Entladungen transzendieren und die bis dahin vergessenen Störungen mit absoluter Gelassenheit rational betrachten kann. Die negativen Auswirkungen solcher Erfahrungen werden dabei beseitigt. Geistige Sperren, Gefühle der Schuld und Unzulänglichkeit, Fixierung auf erfahrene Traumata und anfängliche Zustände emotionaler Erregung werden überwunden. Das Individuum wird „in die Gegenwart“ gebracht, das heißt, es wird von den hinderlichen Auswirkungen von Geschehnissen, die auf der „Zeitspur“ früher im Leben eines Thetans oder aber in einem früheren Leben stattgefunden haben, befreit. Durch eine verbesserte Kommunikation versetzt Auditing den Thetan in einen Zustand, in dem Hindernisse aus der Vergangenheit beseitigt werden. Er wird als Clear bezeichnet, ein Wesen, das nicht länger seinen eigenen reaktiven Verstand hat, sondern zumindest in Bezug auf seinen eigenen Seinszustand selbstbestimmt ist. Der Operating Thetan steht auf einer höheren Ebene des gleichen Prozesses, da er zusätzlich Kontrolle über seine Umwelt erworben hat. Er ist nicht mehr vom Körper abhängig, den er derzeit bewohnt: Er soll tatsächlich nicht länger in einem Körper sein. Anders ausgedrückt ist der Operating Thetan ein Wesen, das sein volles spirituelles Potential, also das Ziel der Erlösung, verwirklicht hat. In dem neuerschienenen Werk Was ist Scientology? heißt es dazu auf Seite 222: „Auf der Ebene eines Operating Thetan beschäftigt man sich mit der eigenen Unsterblichkeit als geistigem Wesen. Man beschäftigt sich mit dem Thetan selbst im Verhältnis zur Ewigkeit … es gibt höhere Daseinsebenen als die des sterblichen Menschen.“

iii.xv. Religiöse Ämter in Scientology: Der Auditor

Bei Scientology werden religiöse Aufgaben von vier miteinander verwandten Amtsträgern ausgeführt, deren Aufgabenbereiche sich sowohl ergänzen als auch in gewissem Grade überschneiden: Der Auditor, der Fallüberwacher, der Kursüberwacher (Course Supervisor) und der einem Kaplan vergleichbare Chaplain. Die Rolle des Auditors ist ganz grundlegend: Auditing ist die unbedingt notwendige Technik für die Art der Erleuchtung, durch die das Individuum erlöst wird. Der Auditor wird in Fertigkeiten ausgebildet, die es ihm ermöglichen, anderen zu helfen und ihnen beizubringen, sich selbst zu helfen. Jeder Scientology-Auditor muß ordinierter Geistlicher werden [Was ist Scientology?, S. 557], und jeder Auditor hat Kurse absolviert, die ihn zur Seelsorge befähigen, selbst wenn er diese Rolle später nicht ausübt. Der Auditor lernt, mit dem Preclear, der seine Hilfe sucht, so neutral und sachlich wie möglich umzugehen. Im Gegensatz zum Beichtvater in der römisch-katholischen Kirche verfährt der Auditor nicht nach seinem eigenen spirituellen Verständnis und nach seiner eigenen persönlichen Einschätzung der Bedürfnisse des Preclears, er folgt vielmehr genau den vorgeschriebenen Verfahren. In Scientology wird Nachdruck darauf gelegt, zufällige und willkürliche Elemente aus dem therapeutischen und spirituellen Verfahren auszuschalten. Jede Anstrengung wird unternommen, um zu gewährleisten, daß die standardisierten Vorgehensweisen und Technologien des Auditing nicht durch die Emotion des Auditors gestört werden. Seelsorgerische Beratung wird so, speziell in der Auditing-Situation, als viel exaktere Technik angesehen als in den konventionellen Kirchen und es wird ihr auch größere und spezifischere Aufmerksamkeit geschenkt. Für Scientologen ist seelsorgerische Beratung nicht das Geben von aus der Luft gegriffenen Ratschlägen je nach persönlichem Ermessen oder unterschiedlichen Kompetenzen, sondern ein systematischer und kontrollierter Vorgang, um die Selbsterkenntnis und das spirituelle Wissen eines Individuums zu fördern.

iii.xvi. Religiöse Ämter in Scientology: Der Fallüberwacher

Die Verantwortung für die korrekte Anwendung der Auditing-Verfahren liegt beim Fallüberwacher. Eine der wichtigsten Funktionen des Fallüberwachers ist das sorgfältige Studium der Aufzeichnungen, die der Auditor von der jeweiligen Auditing-Sitzung angefertigt hat. Diese Aufzeichnungen sind höchst technischer Natur – außer für einen ausgebildeten Auditor unverständlich – und bestehen aus Angaben über das angewandte Auditing-Verfahren, die E-Meter-Reaktionen und wie es dem Preclear erging. Diese Aufzeichnungen müssen genügend vollständig sein, um zu zeigen, daß der Fortschritt des Preclears in Übereinstimmung mit der Soteriologie der Scientology ist. Der Fallüberwacher ist in der Lage, diese technischen Notizen zu verstehen, da er selbst ein hoch ausgebildeter Auditor ist, der dazu weitere spezielle Ausbildung als Fallüberwacher absolviert hat. Er prüft, ob das Auditing mit den vorgeschriebenen Standards in Einklang steht, ob die Techniken korrekt angewandt wurden und ob der Preclear angemessenen Fortschritt macht. Sollte irgendein Fehler während des Auditings aufgetreten sein, wird dieser vom Fallüberwacher entdeckt und korrigiert. Er kann einen irrenden Auditor veranlassen, das falsch angewandte Material neu zu studieren und die korrekten Verfahren zu üben, um sicherzustellen, daß sich Fehler nicht wiederholen. Nach jeder Sitzung gibt er den nächsten Auditing-Schritt an. Da Leute unterschiedlich sind, wird jeder Fall individuell geprüft, um die richtigen Prozesse, die anzuwenden sind, anzugeben und sicherzustellen, daß der Preclear angemessenen spirituellen Fortschritt erzielt. Die Rolle des Fallüberwachers stellt daher sicher, daß Scientology-Auditing richtig durchgeführt und kontrolliert wird.

iii.xvii. Religiöse Ämter in Scientology: Der Kursüberwacher

Der Kursüberwacher spielt bei der Ausübung von Scientology eine noch größere Rolle als der Auditor. Es sind nämlich Kursüberwacher, die Auditoren gemäß den anspruchsvollen Richtlinien Hubbards ausbilden. Er ist Experte auf dem Gebiet der von Hubbard entwickelten Lernmethoden. Er ist geübt im Identifizieren jeder möglichen Verständnisschwierigkeit und im Lösen sämtlicher Probleme, auf die der Student von Scientology-Literatur stoßen kann. Der Kursüberwacher prüft, ob ein Scientology-Student die Scientology-Theorie vollständig verstanden hat und durch praktische Übungen ihre Anwendung beherrscht. Im Gegensatz zu Klassenleitern und Lehrern in anderen Bereichen hält der Scientology-Kursüberwacher keine Vorlesungen. Auch bietet er niemals seine eigene Interpretation des Themas an. Dieser Punkt ist besonders wichtig, da Scientologen glauben, daß die in Scientology erzielten Ergebnisse nur durch die exakte Befolgung der Scientology-Schriften, wie sie von Hubbard niedergelegt wurden, erreicht werden. Verbale Erklärungen des Lehrers für die Studenten hätten, wie unbeabsichtigt sie auch sein mögen, unweigerlich eine Veränderung der Originalschriften zur Folge. So ist der Kursüberwacher notwendigerweise Experte im Erkennen von Situationen, in denen der Student auf Probleme stoßen könnte, und er weist ihm die Richtung, so daß der Student aus eigener Anstrengung heraus die Lösung des Problems finden kann.

iii.xviii. Religiöse Ämter in Scientology: Der Chaplain

Jede Scientology-Kirche und -Mission hat einen Chaplain. Er ist ein ausgebildeter Auditor, und der Geistlichen-Kurs ist ein wesentlicher Teil seiner Ausbildung. Dieser Kurs stellt Scientology als Religion vor, als Mittel, durch das Menschen Erlösung erreichen können. Er beinhaltet eine Einführung in die Lehren der großen Weltreligionen, Ausbildung im Abhalten von Zeremonien und anderen religiösen Diensten, das Studium des Glaubensbekenntnisses und der Kodizes der Scientology und die Unterweisung in Ethik und Auditing-Technologie. Der vielleicht bedeutendste Bestandteil der Aufgaben des Chaplains ist die seelsorgerische Beratung, und zwar nicht in dem Sinne, in dem diese Beratung im Verlauf des Auditing durchgeführt wird, sondern eher im weiteren Sinne, im Anhören von Problemen und Schwierigkeiten, denen sich Scientologen in der Auseinandersetzung mit den Lehren und Techniken des Glaubens gegenübersehen. Der Chaplain sorgt für den reibungslosen Ablauf der kirchlichen Dienste und sucht, wenn er zu Rate gezogen wird, moralische und auch familiäre Probleme in Übereinstimmung mit den Prinzipien der Scientology zu klären. Seine Aufgabe innerhalb einer Scientology-Organisation ähnelt der eines Kaplans des Bischofs in den etablierten Kirchen. Der Chaplain hält die Zeremonien ab, die von der Kirche durchgeführt werden, wie zum Beispiel Namensgebungen, Trauungen und Bestattungsriten. Er hält auch die wöchentlichen Andachten (die der Einfachheit halber an Sonntagen stattfinden), die er innerhalb eines gewissen Rahmens nach eigenem Ermessen gestalten kann. Bei den Andachten erfüllt er auch die Rolle des Predigers, ähnlich dem Prediger einer Nonkonformisten-Kirche. Dabei ist seine Funktion jedoch eher die eines Kommentatoren denn die eines Redners. Seine Ausführungen sind immer eng mit den Lehren und der praktischen Anwendung der Prinzipien des Glaubens verbunden.

iii.xix. Technische Mittel für spirituelle Ziele: Eine Religion, keine Wissenschaft

Um die Vorgehensweise von Scientology und ihrer Amtsträger zu verstehen, ist es notwendig zu erkennen, daß Scientology technische Mittel und spirituelle Ziele miteinander verbindet. Scientologys Betonung der Bedeutung bestimmter Techniken, der Gebrauch technischer Terminologie und das Bestehen auf systematische Vorgehensweisen und detaillierte Anordnungen sollten die spirituelle und soteriologische Natur ihrer letztendlichen Anliegen in keinster Weise verschleiern. Scientology ist eine Religion, die in einer von der Wissenschaft geprägten Epoche entstanden ist. Ihre Methoden sind geprägt vom Zeitalter ihrer Entstehung. Ein wichtiger Bestandteil der Aussagen Scientologys ist, daß der Mensch rational denken und seine mächtigen, aber störenden Emotionen kontrollieren muß. Nur auf diese Weise kann der Mensch die vollständige Willensfreiheit und Selbstbestimmung erreichen, die von den Scientologen als sein Recht und als eine Notwendigkeit angesehen werden. Um das Ziel der Erlösung zu erreichen, muß das Individuum die genau dargelegten Schritte konsequent und beständig anwenden. Ähnlich der Christlichen Wissenschaft versucht Scientology, Gewißheiten zu schaffen. Scientologys letztendliches Ziel wäre es, empirische Beweise zu transzendieren; und die Glaubensansätze ihrer Anhänger sind transzendent, metaphysisch und spirituell, obwohl die Religion eigene Erfahrung als den Weg zu persönlicher Überzeugung und Gewißheit betont. Der wissenschaftliche Stil des scientologischen Ansatzes tut ihrem religiösen Status und Anliegen keinen Abbruch.

iv. SOZIOLOGISCHE ANALYSE DER ENTWICKLUNG DER SCIENTOLOGY-KIRCHE

iv.i. Die Entwicklung scientologischer Ideen: Frühere Leben

Seit Mitte der 50er Jahre hatte Hubbard bereits erfaßt, daß frühere Leben für die Erklärung menschlicher Probleme von Bedeutung sein könnten. Die Stiftung, die er in Elizabeth, im amerikanischen Bundesstaat New Jersey, ins Leben rief, widmete sich damals dem Studium der möglichen positiven Auswirkungen des „Zurückrufens“ der „Todesumstände in früheren Inkarnationen“ [Joseph A. Winter, A Doctor’s Report on Dianetics: Theory und Therapy, New York, 1951, S. 189]. Aus diesem Interesse heraus entwickelte sich die Überzeugung, daß schädliche Erfahrungen in früheren Leben (wie auch früh im gegenwärtigen Leben) sogenannte „Engramme“ erzeugen (Eindrücke oder geistige Eindrucksbilder, die den reaktiven Verstand bilden und mit Schmerz und Bewußtlosigkeit verbunden sind und Krankheiten, Hemmungen und daher irrationales Verhalten hervorrufen). Dianetik und Scientology mußten daher erweitert werden, um diese Engramme wie auch diejenigen, die von frühen Erfahrungen eines Individuums in seinem gegenwärtigen Leben herrühren, zu beseitigen.

iv.ii. Die Entwicklung scientologischer Ideen: Von Dianetik zu Scientology

Diese Störung des geistigen Lebens wurde auf einer anderen Ebene als Störung des Theta (dem Universum des Denkens) durch MEST bezeichnet. Durch Auditing sollte das Theta von dieser Last befreit werden. Der Theta-Begriff wurde 1951 weiter verfeinert und wurde als „Lebenskraft, Elan vital, Geist, Seele“ [in Die Wissenschaft des Überlebens 1., S. 4] bezeichnet. Man kann wohl sagen, daß dies der Zeitpunkt war, an dem Hubbards Glaubenssystem zu einem System für die Heilung von Seelen wurde. Diese Entwicklung wurde im Jahre 1952 noch deutlicher, als Hubbard Scientology ins Leben rief und in dieses neue, erweiterte und noch umfassendere Glaubenssystem die Dianetik integrierte und sie mit einer vollständig ausgearbeiteten metaphysischen Grundlage versah. Theta wurde jetzt zum Thetan, einer deutlicheren Entsprechung der Seele, und die religiöse Dimension des Systems wurde jetzt offensichtlich. Der Thetan wurde als die eigentliche Identität des Individuums betrachtet, als die Person selbst (das, was sich bewußt ist, bewußt zu sein), und die scientologische Theorie lieferte nun die metaphysische Rechtfertigung für die soteriologische Aufgabe der Befreiung des Thetans von den negativen Auswirkungen früherer Leben (früherer Besitznahmen menschlicher Körper).

iv.iii. Die Entwicklung scientologischer Ideen: Thetan und Körper

Das Individuum kann nicht von „meinem Thetan“ sprechen, da es im Grunde ja der Thetan ist, der einen Körper bewohnt. In diesem Sinne wird der Thetan sogar als noch wichtiger betrachtet als die Seele in der herkömmlichen christlichen Interpretation. Auf der Suche nach einer Identität dringt der Thetan (bei, nach oder sogar vor der Geburt) in einen Körper ein. In diesem Sinne weist Scientology einige Ähnlichkeiten mit den von der buddhistischen Reinkarnationslehre vertretenen Vorstellungen auf. Hubbard ist jedoch in seiner Charakterisierung früherer Leben sehr viel exakter und präziser als sämtliche buddhistische Schriften.

iv.iv. Unmittelbare und letztendliche Erlösung

Das anfängliche Ziel von Scientology-Auditing ist die Befreiung des Thetans von den Beschränkungen des reaktiven Verstandes. Das Endziel ist die Rehabilitation des Thetans, damit dieser einen stabilen Zustand erreicht, in dem er keinen reaktiven Verstand mehr hat. Er bewegt sich von der Beschäftigung mit dem Nahziel seines eigenen Überlebens (der 1. Dynamik) hin zu einem zunehmend umfangreicheren Erkennen der Erlösungsmöglichkeiten, während er sich fortschreitend mit der Familie, mit Gruppen, mit der Menschheit, mit der Tierwelt, dem Universum, spirituellen Zuständen und mit der Unendlichkeit oder Gott identifiziert. Daher ist das Endziel des Thetans, der sich durch die acht Dynamiken hocharbeitet, das Erreichen eines gottähnlichen Zustands, den Scientologen als „Full OT“ (Voller OT) oder als „Native State“ (ursprünglicher Zustand) bezeichnen.

iv.v. Die Soteriologie von Scientology

Diese aufeinanderfolgenden Schritte sind in sich selbst eine Soteriologie, eine Erlösungslehre. Wenn der Endzustand den Erlösungszustand, der in christlichen Religionen normalerweise angestrebt wird, zu übertreffen scheint, dann liegt der Grund dafür darin, daß sich Soteriologen oft mehr mit der nahen als mit der letztendlichen Erlösung beschäftigen. Auch im Christentum gibt es Vorstellungen, in denen der Mensch als Miterbe Christi betrachtet wird, obwohl die begrenztere Aussicht, daß die Seele schließlich in den Himmel aufgenommen wird, oft sowohl die Kirche als auch die Laien zufriedengestellt hat. Doch wird in einigen Bewegungen – die Mormonen sind ein Beispiel – explizit die Vorstellung anerkannt, daß der Mensch den Status eines Gottes erreichen kann. Die Art und Weise, wie das Erlösungsziel erreicht werden soll, unterscheidet sich bei Scientology, doch ist das Endziel der Errettung der Seele in allen Lehren Scientologys klar erkennbar. In ihrer Praxis werden die Nahziele – geistige Gesundheit des Individuums, das Beseitigen von seelischer Qual, das Überwinden von Niedergeschlagenheit – betont, doch werden sie durch den Bezug zur oben dargelegten soteriologischen Theorie gerechtfertigt.

iv.vi. Ähnlichkeiten zum Buddhismus und der Samkhya-Schule

Die scientologische Charakterisierung der Mechanismen des Lebens weist beträchtliche Ähnlichkeiten sowohl mit dem Buddhismus als auch mit der hinduistischen Samkhya-Schule auf. Die Ansammlung einer reaktiven Daten-Bank im Verstand zeigt einige Ähnlichkeiten mit der Idee des Karma. Die Idee früherer Leben hat viel mit den Reinkarnationstheorien östlicher Religionen gemein. Die Vorstellung, Zugang zu verschiedenen Bewußtseinsebenen erlangen zu können, kann auch im Yoga gefunden werden (die Yoga-Schule ist eng mit der des Samkhya verwandt), und vom Yogi wird geglaubt, er könne übernatürliche Kräfte erreichen.

iv.vii. Erlösung als globale und individuelle Möglichkeit

Das Endziel der Erlösung des Thetans umfaßt die Vorstellung des Überlebens der gesamten Menschheit, der Tierwelt und des materiellen Universums mit Hilfe der Scientology. Dieses Element der Sorge um die Gesellschaft und den Kosmos ist bei Scientology ohne Zweifel vorhanden. Die Vorstellung, „den Planeten zu klären“ („Clears“ hervorzubringen, also Menschen, die vom reaktiven Verstand vollständig frei geworden sind) ist ein formuliertes Ziel. Hubbard selbst hat jedoch die Betonung zuweilen etwas verlagert und geschrieben: „Scientology ist nicht daran interessiert, die Welt zu retten, sondern fähige Individuen fähiger zu machen, und zwar indem man sich technologisch exakt an das Individuum selbst richtet, das ja der Geist ist.“ [Character of Scientology, 1968, S. 5] Doch was hier wohl hauptsächlich betont werden soll, ist, daß die Rettung der Welt abhängig ist von der Rettung individueller Thetane – eine Betonung, die auch für das Evangelium typisch ist.

iv.viii. Moral in Scientology

Manchmal wird behauptet, es wäre typisch für Religionen, daß sie einen Moralkodex vorschreiben, doch sind bei den verschiedenen Religionen erhebliche Unterschiede in dem Ausmaß festzustellen, in dem sie solch einem Kodex der Sittlichkeit verpflichtet sind. Scientology begann mit den ganz allgemeinen Zielen, die Fähigkeit eines Individuums zu steigern. Mit ihrem Nachdruck auf Freiheit nahm Scientology auch eine freiere Haltung in Bezug auf Moral ein als beispielsweise die traditionellen christlichen Kirchen. Doch machte Hubbard bereits von seinen ersten Ausführungen über Dianetik an deutlich, daß das Individuum für seine Beschränkungen selbst verantwortlich sei, daß ein Thetan grundsätzlich gut sei und seine eigene Macht verringere, sobald er schädliche Handlungen begeht. Auch liegt das Hauptaugenmerk beim Auditing auf der Forderung, daß die Person Probleme konfrontiert und die Verantwortung für ihr eigenes Wohlergehen übernimmt. Sie muß „Overt-Handlungen“ (schädliche Handlungen), die sie sowohl in ihrem gegenwärtigen Leben als auch in früheren Leben begangen hat, als solche erkennen.

In einer wichtigen Publikation Einführung in die Ethik der Scientology machte L. Ron Hubbard die ethischen Standards deutlich, die von einem Scientologen erwartet werden, und stellte klar, daß die Verpflichtung, ethischen Grundsätzen Folge zu leisten, für den Glauben unabdingbar ist. Das Ziel des Individuums ist das Überleben, das heißt das Überleben auf allen acht Dynamiken, von der Sorge für sich selbst und die Familie bis zum Streben nach der Existenz als Unendlichkeit, der sogenannten Gott-Dynamik [vgl. Abschnitt iii.ix]. Überleben als scientologische Vorstellung ist in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Anliegen aller Religionen, der Erlösung. Eine ethische Handlung wird als vernunftgemäßes Verhalten betrachtet, das zu diesem Ziel führen soll. Daher betonte Hubbard besonders die Notwendigkeit des Individuums, ethische Standards anzuwenden und sich rational zu verhalten, wenn es die eigene Erlösung verwirklichen und die der gesamten Menschheit erleichtern will. Daher ist der Scientologe, ähnlich dem Buddhisten, der ja aus eigenem Interesse gute Taten vollbringt, um sein zukünftiges Karma zu verbessern, dazu ermahnt, sich rational, das heißt ethisch, zu verhalten, um das Überleben für sich und für seinen durch die acht Dynamiken dargestellten wachsenden Lebensbereich zu sichern. Hubbard schreibt: „Ethik besteht aus Handlungen, die das Individuum unternimmt, um optimales Überleben für sich selbst und andere auf allen Dynamiken zu erreichen. Ethische Handlungen sind Überlebenshandlungen. Ohne den Gebrauch der Ethik werden wir nicht überleben“ [S. 17]. Mit „Überleben“ ist nicht das nackte Überleben gemeint, eher das Überleben in einem Zustand des Glücks: „Freude ist der Maßstab für Überleben“ [ S. 32]. So beinhaltet die Erlösung also ähnlich wie im Christentum einen Zustand des Glücks. Doch „ein reines Herz und reine Hände sind der einzige Weg, Glück und Überleben zu erlangen“ [S. 29]. So erfordert das Erlangen des Überlebens in der Praxis also die Aufrechterhaltung moralischer Standards. Hubbard schreibt: „Was Ideale, Treue und Ehrlichkeit und Nächstenliebe angeht, so kann gutes Überleben für den einzelnen und für viele nicht erlangt werden, wenn diese Eigenschaften fehlen“ [S. 23]. Scientology-Ethik umfaßt Moral-Kodizes, doch geht sie noch darüber hinaus, indem sie die grundlegende Vernünftigkeit der scientologischen Ethik bestätigt, deren Anwendung als der einzige Weg betrachtet wird, dem Zustand des Verfalls der Moral in der heutigen Zeit und den Handlungen anti-sozialer Persönlichkeiten abzuhelfen und die Menschheit zu erlösen.

Im Jahr 1981 formulierte Hubbard eine Reihe von moralischen Prinzipien, die auf gesundem Menschenverstand beruhen. Die Broschüre, in der sie erschienen sind, beschrieb er als „ein individuelles Werk … nicht Teil einer religiösen Doktrin“. Das Büchlein sollte weit verbreitet werden, um den Verfall der Moral in der modernen Gesellschaft zu bekämpfen, Scientologen jedoch nahmen diesen Moralkodex als Teil der Religion auf. Dieser Kodex spiegelt in beträchtlichem Maße die Zehn Gebote und andere Prinzipien christlicher Sittlichkeit wider. Doch drückte Hubbard diese Prinzipien in moderner Sprache aus, und versah sie zusätzlich mit sozialen, funktionalen und pragmatischen Rechtfertigungen. Der Kodex verbietet Mord, Diebstahl, Unaufrichtigkeit, alle illegalen Handlungen und das Schädigen von Menschen guten Willens. Er fordert unter anderem Treue dem Sexualpartner gegenüber, Respekt vor den Eltern, Kindern zu helfen, Mäßigung, Unterstützung gerechter Regierungen, das Einhalten von Verpflichtungen, Respekt anderen Religionen gegenüber, Sorge um Gesundheit und Umwelt, Fleiß und Kompetenz. Er beinhaltet sowohl positiv als auch negativ ausgedrückt die goldene Regel, die in der christlichen Tradition häufig so wiedergegeben wird: „Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg’ auch keinem andern zu“. In der Broschüre wird der Leser dazu aufgefordert, Exemplare davon all jenen Menschen zukommen zu lassen, deren Glück und Überleben ihm am Herzen liegt.

iv.ix. Die religiösen Ansprüche der Scientology

Trotz der verschiedenen oben aufgeführten Elemente, die in den Bereich der Religion gehören, wurde am Anfang nicht der Anspruch erhoben, Scientology sei eine Religion. Selbst als im Jahre 1954 drei Kirchen (unter leicht unterschiedlichen Namen) für Scientology registriert wurden, waren die religiösen Implikationen Scientologys immer noch nicht ganz erforscht. Hubbard versicherte, daß Scientology religiöse Ziele verfolge. Er schrieb: „Scientology hat das Ziel der Religion, wie es in der schriftlich überlieferten Menschheitsgeschichte vorliegt, erfüllt, nämlich die Befreiung der Seele durch Weisheit. Es ist eine viel intellektuellere Religion als sämtliche in den westlichen Industrienationen bis in die 50er Jahre bekannten Religionen. Wenn wir, ohne Therapie, ganz einfach unsere Wahrheiten lehrten, brächten wir Zivilisation in eine barbarische westliche Welt“ [Creation of Human Ability, 1954, 1968, S. 180]. Sicherlich betrachtete Hubbard das Christentum als in gewissem Sinne weniger fortgeschritten als den Buddhismus. So bezeichnete er die christliche Vorstellung des Jüngsten Gerichts als „eine barbarische Interpretation dessen, von dem Gautama Buddha gesprochen hat, nämlich der Befreiung der Seele aus dem Zyklus von Geburt und Tod“ [Phoenix Lectures, 1968, S. 291]. Scientology selbst sei eine Religion „im ältesten und umfassendsten Sinne“ [S. 35]. In seinem Werk The Character of Scientology griff Hubbard 1968 einige dieser früheren Punkte wieder auf und bemerkte, daß die Hintergründe von Scientology die Weden, das Tao, Buddha, das Judentum, Jesus und auch eine ganze Reihe von Philosophen miteinschließen. Scientology brachte demnach „die erste religiöse Technologie, mit der der überwältigende Rückstand der spirituellen Vernachlässigung überwunden werden kann“ [S. 10]; und das sah er als eine Kombination der Aufrichtigkeit und Genauigkeit eines Gautama Buddha mit der produktiven praktischen Veranlagung eines Henry Ford [S. 12]. Er betrachtete den Auditor als jemanden, der in der Auditing-Technologie ausgebildet ist, und scientologische Ausbildung als religiöse Unterweisung.

iv.x. L. Ron Hubbard als religiöser Führer

Oft wird (von ihren Anhängern, wenn nicht von ihnen selbst) der Anspruch erhoben, daß die Gründer religiöser Bewegungen Vermittler einer Offenbarung sind, durch die ein höheres Wesen sich ausdrückt. Dieses prophetische Element religiöser Führerschaft ist charakteristisch für Bewegungen in jüdisch-christlich-islamischer Tradition. In der hinduistisch-buddhistischen Tradition jedoch wird der religiöse Führer typischerweise eher als Meister betrachtet, der seinen Jüngern hilft, indem er ihnen den Pfad zur Erleuchtung aufzeigt, den er selbst gegangen ist. Hubbard entspricht zweifelsohne viel eher dem letzteren Modell. Er wird als Lehrer dargestellt, dem nicht religiöse Wahrheiten von einem göttlichen Wesen offenbart wurden, sondern der vielmehr durch wissenschaftliche Forschung Fakten entdeckt hat, die bestimmte therapeutische Praktiken und einen metaphysischen Wissenskomplex beinhalten, der höhere Seinszustände des Menschen und seine letztendliche Bestimmung erklärt. Zeitgenössische scientologische Werke entwerfen ein Bild Hubbards – der oft als Genie beschrieben wird – im Stile wohlwollender Biographien, die erstellt werden, um das Ansehen von Propheten, Gurus und Religionsstiftern zu mehren und deren einzigartige Erfahrungen anzuerkennen [s. z. B. Was ist Scientology? S. 83-137]. Religiöse Führer in der christlichen Tradition, deren Rolle und anerkannter Name am ehesten dem Hubbards in Scientology nahekommen, sind Mary Baker Eddy, die Gründerin der Christlichen Wissenschaft, und die Führer der verschiedenen New Thought-Bewegungen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts.

iv.xi. Religion und Organisation der Kirche

Für eine Religion oder ein religiöses System ist es in keinster Weise notwendig, sich als Kirche zu organisieren. Die spirituellen Elemente des scientologischen Ansatzes waren offensichtlich, ehe die Bewegung kirchliche Organisationen gründete, und die Gesamtheit dieser spirituellen Elemente rechtfertigt auf jeden Fall die Bezeichnung des Glaubenssystems von Scientology als Religion. Doch selbst wenn das Erkennungsmerkmal einer Religion die Organisation als Kirche wäre, würde Scientology diesen Test bestehen. In den 50er Jahren wurde die Kirche als Körperschaft konstituiert, ein Glaubensbekenntnis formuliert und die Form bestimmter Zeremonien festgelegt. Das Glaubensbekenntnis und die Zeremonien haben die religiösen Überzeugungen und Verpflichtungen, die das Glaubenssystem der Scientology enthält, in eine Form gebracht. Die ekklesiastische Struktur von Scientology ist hierarchisch und reflektiert so das in Stufen aufgebaute System der Ausbildung und der spirituellen Erleuchtung, die für das Verständnis der scientologischen Lehren erforderlich sind. Organisationen auf den unteren Ebenen werden als Missionen geführt, die hauptsächlich mit der Verbreitung des Glaubens betraut sind. Die untergeordneten Kirchen führen die grundlegende Geistlichen-Ausbildung durch, die zur Ordination führt und kümmern sich um lokale „Pfarr“-Gemeinden. Diese Rangfolge innerhalb der Kirchenorganisation stellt den Kern des Systems dar. Über dieser Stufe gibt es höhere Kirchen-Ebenen, die hauptsächlich mit der fortgeschrittenen Auditoren-Ausbildung und mit fortgeschrittenem Auditing befaßt sind. Die höher gestellten Organisationen geben den niedrigeren Einrichtungen Anleitung. Analog zu dieser Struktur werden in der Kirche Laien als ehrenamtliche Geistliche ausgebildet, die soziale Aufgaben in der Gesellschaft übernehmen. Die Geistlichkeit selbst ist hierarchisch gegliedert, wobei jede Stufe durch den Abschluß eines zertifizierten Ausbildungskurses erreicht wird. Auf den niedrigeren Qualifikationsstufen machen die ehrenamtlichen Geistlichen unter anderem Gefängnis- und Krankenhausbesuche, während die Geistlichen höheren Rangs bestrebt sind, Scientology-Gemeinden ins Leben zu rufen, wo es aufgrund der Anzahl von Mitgliedern angezeigt ist. Die formale Kirchenstruktur hat Ähnlichkeit mit dem Aufbau christlicher Konfessionen, so unterschiedlich Lehren und Praktiken auch sein mögen. Die Institution der ehrenamtlichen Geistlichen weist Parallelen zum Laiendiakonat der anglikanischen und anderer Kirchen auf.

iv.xii. Das Glaubensbekenntnis der Scientology

In dem Werk Ceremonies of the Founding Church of Scientology, 1966, heißt es:

„In einer Andacht der Scientology-Kirche verwenden wir keine Gebete, keine Frömmigkeitshaltungen und auch keine Drohungen mit ewiger Verdammnis. Wir verwenden die Fakten, die Wahrheiten, die Einsichten, die im Wissensgebiet der Scientology entdeckt wurden“ [S. 7]. Das Glaubensbekenntnis der Scientology-Kirche widmet den Menschenrechten besondere Aufmerksamkeit. Es bestätigt die Überzeugung, daß alle Menschen gleich geschaffen sind und das Recht auf ihre eigenen religiösen Praktiken und deren Ausübung haben. Sie haben das Recht auf ihr eigenes Leben, auf geistige Gesundheit, das Recht, sich zu verteidigen und „ihre eigenen Organisationen, Kirchen und Regierungsformen zu ersinnen, zu wählen und zu unterstützen sowie frei zu denken, frei zu sprechen, ihre eigenen Meinungen frei zu schreiben …“ Das Glaubensbekenntnis bestätigt auch die Auffassung, „daß das Studium des Geistes und die Heilung mental verursachter Krankheiten von Religion nicht entfremdet oder an nichtreligiöse Gebiete vergeben werden sollten“. Es wird anerkannt, „daß der Mensch grundsätzlich gut ist, daß er danach trachtet zu überleben, daß sein Überleben von ihm selbst und von seinen Mitmenschen und von seinem Erreichen der Bruderschaft mit dem Universum abhängt“. Es wird auch bekräftigt, daß „wir von der Kirche glauben, daß die Gesetze Gottes es dem Menschen verbieten, seine eigene Art zu zerstören, die Gesundheit eines anderen zu zerstören, die Seele eines anderen zu zerstören oder zu versklaven und das Überleben seines Kameraden oder seiner Gruppe zu zerstören oder zu reduzieren. Und wir von der Kirche glauben, daß der Geist gerettet werden kann und daß der Geist allein den Körper retten oder heilen kann“.

iv.xiii. Zeremonien der Scientology

Die Trauungs- und Bestattungs-Zeremonien, wie sie für die Kirche vorgeschrieben sind, weichen, obwohl sie etwas unkonventionell sind, doch keineswegs radikal von der allgemeinen Praxis in der westlichen Welt ab. In der Taufzeremonie, die „Namengebungszeremonie“ genannt wird, kommen die Prinzipien des scientologischen Glaubenssystems deutlicher zum Ausdruck. Zweck ist es, dem Thetan zu helfen, der vor kurzem einen neuen Körper angenommen hat. Man geht davon aus, daß sich der Thetan seiner Identität nicht bewußt ist, wenn er einen neuen Körper annimmt, und die Namensgebungszeremonie ist ein Weg, dem Thetan zu helfen, die Identität seines neuen Körpers sowie die der Eltern dieses Körpers und der Paten, die dem neuen Wesen beistehen werden, kennenzulernen. Diese Zeremonie ist daher eine Art Orientierungsprozeß in völliger Übereinstimmung mit scientologischer Metaphysik.

v. Andachts- und Erlösungsbegriff

v.i. Andacht – ein Begriff im Wandel

Theistische Religionen – darunter das traditionelle Christentum – legen großen Wert auf Andachtshandlungen, die der formalisierte Ausdruck der Verehrung einer Gottheit, von Demut, Unterwerfung, Gebet (Zwiesprache mit der Gottheit), Lobpreis und Danksagung für erhaltene Wohltaten sind. (Ältere Vorstellungen der Verehrung beinhalten auch Opfer – Menschen oder Tiere – und Zeremonien, um eine rachsüchtige oder eifersüchtige Gottheit zu besänftigen. Doch der Andachtsbegriff hat sich verändert und ältere Formen, die früher als unentbehrlich betrachtet wurden, würden heutzutage als gesetzwidrig angesehen werden. Die Vorstellungen von Andacht sind in der heutigen Zeit sowohl in den etablierten Kirchen als auch in neuen Bewegungen starken Veränderungen unterworfen.) Die traditionelle Vorstellung von Andacht wird allgemein mit dem Postulieren einer Gottheit (oder mehrerer Gottheiten) in Verbindung gebracht oder mit einer Persönlichkeit, die Gegenstand ehrfürchtiger Haltungen und Handlungen ist. Diese Definition der Andacht, die auch kürzlich in England ergangenen Gerichtsurteilen entspricht, lehnt sich eng an das Modell der historischen jüdisch-christlich-islamischen Praktiken an. Wie empirische Beweise jedoch zeigen, kommt Andacht in dieser Form nicht in allen Religionen vor, und wenn sie auftritt, dann weist sie erhebliche Variationen auf, von denen einige in nachfolgenden Beispielen gezeigt werden.

v.ii. Verschiedene Formen der Andacht: Der Theravada-Buddhismus

Erstens: Der Theravada-Buddhismus – in seiner Reinform – sowie einige andere Religionen postulieren keine höchste Gottheit, sondern ein oberstes Gesetz oder Prinzip, das weder Verehrung, Lob oder Anbetung durch die Gläubigen fordert noch davon abhängig ist. Es wird allgemein anerkannt, daß eine Gottheit keine Conditio sine qua non der Religion darstellt, so daß – sofern diese Vorstellung beibehalten werden soll – eine Definition der Andacht erforderlich ist, die über die in der christlichen Tradition vorgegebene hinausgeht.

v.iii. Variationen der Andacht: Der Nichiren-Buddhismus

Zweitens: Es gibt religiöse Bewegungen, so zum Beispiel der Nichiren-Buddhismus, die die Existenz höherer Wesen bestreiten, dafür aber die Anbetung eines Objekts fordern. Die Soka-Gakkai-Buddhisten, eine Bewegung mit ca. 15 Millionen Anhängern, davon etwa sechstausend in England, beten beispielsweise das Gohonzon an, ein Mandala auf dem die Symbole oder Formeln der absoluten Wahrheit geschrieben stehen. Sie erwarten sich durch ihre Verehrung des Gohonzons seine Gunst. Somit kann es eine Form der Andacht geben, die dem christlichen ähnlich ist, selbst wenn die Existenz eines höchsten Wesens explizit verneint wird.

v.iv. Variationen der Andacht: Die Quäker

Drittens: Selbst innerhalb der breit gefächerten christlichen Traditionen müssen Verehrung und Demut nicht immer spezifische Verhaltensformen annehmen wie sie in orthodoxen, römisch-katholischen oder anglikanischen Gottesdiensten beobachtbar sind, wo die Gläubigen sich verbeugen, hinknien, sich ausgestreckt auf den Boden legen, lobpreisende, danksagende, segnende Worte sprechen und sich durch ihr Flehen und Anrufen den Segen erhoffen. Innerhalb des Christentums gibt es viele Richtungen, die davon abweichende Praktiken ausüben: Die Quäker sind ein unwiderlegbares Beispiel dafür. Sie versammeln sich im Geiste der Verehrung, üben jedoch keine formalen Handlungen der Andacht aus, wie festgelegte oder gesprochene Gebete, Kirchenlieder oder Psalmen. Oft wird die gesamte Versammlung schweigsam abgehalten.

v.v. Variationen der Andacht: Die Christliche Wissenschaft

Viertens: Innerhalb des Christentums findet sich sowohl in den alten etablierten Kirchen als auch in einer Vielzahl relativ neu entstandener Bewegungen eine Tendenz, das Gottesbild in zunehmend abstrakteren Worten auszudrücken. Seit das Gottesbild von einigen bedeutenden modernen Theologen neu definiert wurde, wobei oft die Vorstellung von Gott als Person verneint wurde (s. o., Abschnitt iv.iii.), erscheinen einigen diese älteren Formen der Andacht als anachronistisch. MeinungsIhre Sichtn zeigen, daß eine stetig zunehmende Anzahl von Menschen zwar an Gott, jedoch nicht an Gott als eine Person glaubt. Sie behaupten vielmehr, Gott sei eine Kraft. In neu entstandenen religiösen Bewegungen treten manchmal Formen der „Andacht“ auf, die diese modernere, abstraktere Auffassung von Gott vertreten. Ein Beispiel dafür ist die Christliche Wissenschaft. Da diese Bewegung, die mehr als siebzig Jahre vor Scientology entstanden ist, viele Merkmale mit Scientology gemeinsam hat und seit langem als Religion anerkannt ist, wird die Auffassung von Andacht in dieser Bewegung näher untersucht. In der Christlichen Wissenschaft wird Gott als „Prinzip“, „Leben“, „Wahrheit“, „Liebe“, „Verstand“, „Geist“ und „Seele“ definiert. Diese unpersönlichen Abstraktionen erfordern keine Unterwerfungs- und Verehrungsbezeigungen, und solche Tendenzen kommen in den Gottesdiensten der Christlichen Wissenschaft nur sehr beschränkt zum Ausdruck. Die Ansichten Mary Baker Eddys (der Gründerin der Christlichen Wissenschaft) über Andacht werden im folgenden durch einige Zitate aus ihrem Buch Science und Health with Key to the Scriptures dargestellt:

„Das hörbare Gebet kann niemals das leisten, was ein spirituelles Verständnis vollbringt… Lange Gebete, Aberglauben und Glaubensbekenntnisse beschneiden die starken Flügel der Liebe und kleiden Religion in ein menschliches Gewand. Jede Vergegenständlichung der Andacht beeinträchtigt das geistige Wachstum des Menschen und hält ihn davon ab, seine Macht über den Irrtum zu demonstrieren.“ [S. 4-5]

„Liebst Du den Herrn, Deinen Gott, mit ganzem Herzen, aus voller Seele und mit all Deinem Verstand? Dieses Gebot beinhaltet viel, sogar die Aufgabe aller rein materiellen Gefühle, Zuneigungen und Andachtsformen.“ [S. 9]

„Die Geschichte Jesu schuf eine neue Zeitrechnung. Wir nennen sie heute die christliche Zeitrechnung. Er schuf jedoch keine ritualisierte Form der Andacht.“ [S. 20]

„Es ist traurig, daß der Begriff ,Gottesdienst‘ heutzutage im allgemeinen öffentliche Andacht bedeutet und nicht tägliche gute Werke.“ [S. 40]

„Wir können nur dann von spiritueller Andacht sprechen, wenn wir aufhören, dies auf materieller Ebene zu tun. Spirituelle Frömmigkeit ist ein zentraler Punkt im Christentum. Andacht auf materieller Ebene ist Heidentum. Jüdische und andere Rituale sind nur ein Schatten wahrer Andacht.“ [S. 140]

„Die Israeliten hatten sich in ihrem Versuch, das Spirituelle zu verehren, immer auf das Materielle konzentriert. Für sie hatte Materie Substanz, jedoch der Geist war bloß Schatten. Sie wollten den Geist von einem materiellen Standpunkt aus anbeten, aber das war unmöglich. Auch wenn sie Jehova noch so anriefen, es folgte kein Zeichen, daß ihre Gebete erhört wurden, denn sie verstanden Gott nicht genug, um seine heilende Kraft zeigen zu können.“ [S. 351]

Die Christlichen Wissenschafter verwenden zwar das Vaterunser in ihren Gemeindeversammlungen, es wurde jedoch in eine Anzahl von „Affirmationen“ in Übereinstimmung mit den Lehren Eddys übertragen. Stilles Gebet ist bei den Christlichen Wissenschaftern eine Affirmation von „Wahrheiten“, keine demütige Bitte. Gott ist ein „Prinzip“, das bekundet werden muß, nicht ein „Wesen“, das man besänftigen oder günstig stimmen muß. Daher unterscheidet sich die Andacht in der Christlichen Wissenschaft in Form, Stimmung und Ausdruck von der Andacht in traditionellen Kirchen.

v.vi. Andacht, definiert durch ihre Ziele, nicht durch ihre Formen

Zieht man die entsprechenden Ergebnisse empirischer Untersuchungen in Betracht, so zeigt die obige Aufzählung der verschiedenen Andachtsformen, daß eine viel umfassendere Definition des Begriffs Andacht erforderlich ist, als eine, die auf eine spezifische Tradition beschränkt und von ihr abhängig ist. Die Traditionen der Andacht in christlichen Kirchen erschöpfen keineswegs die Vielzahl an Formen, in denen Andacht auftreten kann und tatsächlich auch auftritt (nicht einmal innerhalb der christlichen Kirchen). Es muß eine Unterscheidung getroffen werden zwischen den äußerlichen Formen der Andacht, (die spezifisch, lokal, regional oder national sein können) und den Zielen der Andacht, die wir als allumfassend bezeichnen können. Das Ziel der Andacht ist, zwischen dem Jünger und der übernatürlichen Letzten Instanz (dem Wesen, Objekt, Gesetz, Prinzip, der Dimension, dem „Seinsgrund“ oder dem „Anliegen“) eine Wechselbeziehung herzustellen (wie auch immer diese höchste Instanz von der Glaubensgemeinschaft, der der Jünger angehört, gesehen wird), um das Endziel der Erlösung oder Erleuchtung zu erreichen. Betont man das Ziel als das definierende Element der Andacht, so wird die kulturelle Relativität der verschiedenen Formen der Andacht deutlich. Andacht und Verehrung durch Hinweis auf ihre Zielrichtung zu definieren, erleichtert ein Verständnis der verschiedenen Vorstellungen von einer Letzten Instanz, die von der Verehrung eines Götzen bis zu transzendentalen Gesetzen reichen. So wird ein Götze als despotische Wesenheit angebetet, die Gunst gewährt oder straft; die Verehrung einer anthropomorphen Gottheit betont eher ein Verhältnis, das auf Vertrauen aber auch auf Abhängigkeit beruht; die Verehrung hochentwickelter Vorstellungen eines höchsten Wesens betont weniger die Emotionalität einer Gottheit sondern vielmehr die Suche nach emotionaler Harmonie in Übereinstimmung mit allgemeineren ethischen Prinzipien; die Anbetung einer gänzlich abstrakten letzten Wahrheit oder Dimension oder eines absoluten Gesetzes stellt die Verbreitung von Weisheit, das Erreichen von Erleuchtung und die Verwirklichung des vollen Potentials des Menschen in den Vordergrund. All diese verschiedenen spezifischen Glaubensziele können letztendlich als Teil des Strebens des Menschen nach Erlösung angesehen werden, wie auch immer diese Erlösung selbst im einzelnen Glauben definiert sein mag. Die Verehrung der Letzten Instanz, des „Seinsgrundes des Menschen“, ist, ganz gleich wie sie in der Praxis ausfallen mag, ein allgemeiner Bestandteil von Respekt vor und Interesse am Leben und hängt von keiner spezifisch kulturgebundenen Verhaltensform oder -norm ab.

v.vii. Niedergang der poetischen Form der Andacht

In multi-religiösen Gesellschaften muß die Frage, was Andacht und Verehrung ist, abstrakt beantwortet werden, wenn der Vielfalt der Religionen Rechnung getragen werden soll. Die jüngsten und bestehenden Trends innerhalb der Religion sind eher auf eine abstrakte und universellere Vorstellung ausgerichtet. Das gilt nicht nur für bedeutende Theologen und den Klerus, sondern kann auch in vielen neuen religiösen Bewegungen beobachtet werden. In einem von Wissenschaft und Technik geprägten Zeitalter tendiert der Mensch dazu, Gottheit oder höchste Instanz eher in Begriffen zu verstehen, die im Einklang mit wissenschaftlicher und technologischer Erfahrung stehen, selbst wenn diese neue Sprache und Konzeption im Gegensatz zur traditionell poetisch-bildlichen Darstellungsweise steht, die einst typisch für religiöse Ausdrucksformen war. Diese poetische Form der Andacht tritt nicht nur bei neuen Bewegungen immer mehr in den Hintergrund, sondern auch in den sogenannten etablierten Kirchen, was man am Beispiel der liturgischen Reformen in der römisch-katholischen Kirche nach dem II. Vatikanischen Konzil sieht sowie daran, daß das Book of Common Prayer in der anglikanischen Kirche durch eher prosaische, volkstümliche und umgangssprachliche Ausdrucksformen ersetzt wurde. Außerhalb dieser Kirchen, in Bewegungen, die sich nicht verpflichtet fühlen, der Tradition auch nur in rudimentärer Form Rechnung zu tragen, erfreute sich die Schaffung einer neuen Sprache und neuer liturgischer Formen größerer Freiheit. Zu diesen Bewegungen gehört Scientology.

v.viii. Kommunikation als Andacht

Scientology hat eine gänzlich abstrakte Vorstellung des höchsten Wesens, nämlich die der achten Dynamik. Scientologen versuchen, ihr Bewußtsein und ihr Verstehen zu erweitern, um alle Ebenen des Seins zu erfassen, mit dem Ziel, das Überleben des höchsten Wesens, der Unendlichkeit, zu unterstützen und Teil davon zu werden. Scientologen verehren das Leben und erkennen Gott als den höchsten Grund des Seins an, doch diese Tatsache beinhaltet keine spezifischen Verhaltensformen, die auch nur annähernd den Handlungen ähneln, die in traditionellen christlichen Kirchen als „Andacht“ bezeichnet werden. Scientology ist eine Bewegung, in der Menschen mit verschiedenem religiösen Hintergrund Aufnahme gefunden haben. Sie betont neue Vorstellungen von der Schöpfung, dem Sinn des Lebens und der Erlösung. Die Lehren von Scientology stützen sich auf verschiedenste Traditionen großer Religionen und orientieren sich an umfassenden wissenschaftlichen Prinzipien. Es ist daher nur angemessen, daß die Theorien von Scientology abstrakt und universell ausgedrückt werden und daß die Vorstellungen von Anbetung ebenfalls dieser Sichtweise folgen. Der allgemeine Standpunkt dazu wurde wie folgt ausgedrückt: „Die Form der Andacht in Scientology ist Kommunikation. Eine wirkungsvolle Form der Andacht wäre bei jemandem zu finden, der sich in der Lage sieht, die Distanz zum höchsten Wesen durch Kommunikation zu überbrücken.“ [Scientology as a Religion, S. 30]

Der Kernpunkt in Scientology ist Verstehen durch Kommunikation, Kommunikation sowohl mit der eigenen Vergangenheit des Thetans als auch mit der Umwelt. In diesem Sinne können Parallelen zur Kommunikation gezogen werden, die in der christlichen Andacht stattfindet, die Kommunikation, die der Einzelne durch das Gebet mit der Gottheit und in der Eucharistie herzustellen versucht, wo er tatsächlich ein „Kommunikant“ ist, wie die traditionellen Kirchen es ausdrücken. Der Zweck ist zum Großteil derselbe – die Reinigung des Individuums, die Rehabilitierung seiner Seele als Teil eines längeren Erlösungsprozesses. Bei Scientology gibt es zwei fundamentale Formen dieser Kommunikation – Auditing und Ausbildung.

Auditing ist eine Kommunikation des Individuums mit seiner (des Thetans) Vergangenheit, wobei der Auditor und das E-Meter als Mittler dienen. Auditing ist im Grunde ein Prozeß, das Individuum in bessere Beziehung mit seinem wahren und ursprünglichen Selbst zu bringen; in diesem Sinne sucht das Auditing, einen Kontakt zwischen dem Individuum und einer grundlegenden Spiritualität herzustellen.

Die Ausbildung in den Scientology-Schriften ist Kommunikation mit den fundamentalen Wahrheiten und dem Seinsgrund. Das Individuum sucht durch größeres Verstehen bessere Kommunikation mit seinem grundlegenden Selbst, mit anderen und dem gesamten Leben zu erlangen. Auch diese Handlungen weisen charakteristische Elemente der Andacht auf, selbst wenn Aspekte wie die Anbetung (einer Gottheit), herkömmliche Besänftigungsversuche und das althergebrachte Anflehen einer Gottheit in diesem modernen Kontext als überholt betrachtet werden.

v.ix. Das Scientology-Ziel des Überlebens

Der Schlüsselbegriff, der den Zweck der Andachten darlegt, die in einer Scientology-Kapelle abgehalten werden, heißt „Überleben“, eine Vorstellung, auf die in der Scientology-Literatur wiederholt besonderer Wert gelegt wird. „Überleben“ ist jedoch lediglich ein modernes Synonym für die alte religiöse Vorstellung der „Erlösung“; und Erlösung ist der Hauptzweck der Andacht in allen Religionen, der Herstellung einer Beziehung zwischen der mächtigen Gottheit und dem abhängigen Gläubigen, die in der Verringerung oder Beseitigung von Unglück und schlechter Erfahrung und in zunehmendem Glück resultiert und letztlich im Glück des ewigen Lebens kulminiert. Scientology beschäftigt sich mit der Erlösung des Thetans, seiner Befreiung von der Bürde der Materie, der Energie, des Raums und der Zeit, und kurzfristiger mit seiner Fähigkeit, physische Einschränkungen und die Unbill des täglichen Lebens zu überwinden. Der Thetan, die das Menschliche transzendierende Essenz, oder die Seele, existierte bereits vor dem physischen Körper und hat Aussicht, ihn zu überleben. Dieses Überleben ist letztendlich an das Überleben der achten Dynamik, des höchsten Wesens, gekoppelt, und an die Scientology-Dienste Auditing und Ausbildung, mit dem Ziel, das Bewußtsein für diese letztendliche Wahrheit zu erhöhen. Die Praktik ist daher für die Teilnehmer eine Gelegenheit, ihr Erkennen des Übernatürlichen zu erneuern und zu verstärken. In dem umfassendern Sinn, den wir oben dargelegt haben, handelt es sich dabei um eine Gelegenheit zur Andacht und Erleuchtung.

v.x. Auditing und Ausbildung

Im Mittelpunkt der Scientology stehen Auditing und Ausbildung, die zur spirituellen Erlösung führen. Nur durch sie kann der Thetan – das heißt das Individuum – befreit werden und den spirituellen Zustand von „Ursache“ über das Leben und die materielle Welt erlangen. Auditing, in dem das Individuum seinen in der Vergangenheit erfahrenen Schmerz und seine Traumata konfrontiert, hilft ihm, Kontrolle über sein eigenes Leben zu erlangen, und befreit ihn von den irrationalen Impulsen des reaktiven Verstandes. Man kann daher sagen, daß sich der Preclear mit Auditing auf die spirituelle Suche nach der Erlösung begibt, deren positive Auswirkungen sich ansammeln und schließlich zu einem Zustand führen, in dem der Thetan nicht mehr durch materielle Zustände (MEST) „enturbuliert“ wird. Eine solch spirituelle Suche mit dem Ziel der Erlösung, ist das zentrale Anliegen aller fortgeschrittenen Religionen, auch wenn die äußeren Erscheinungsformen und die Doktrinen voneinander abweichen.

Ausbildung soll jedem Weisheit kommunizieren, der nach Erleuchtung strebt sowie allen, die anderen bei ihrer Suche nach Erlösung helfen. Diese Prozesse implizieren die Forderung, daß das Individuum seinen vergangenen schmerzlichen Erfahrungen ins Auge sieht und die Tendenz überwindet, die Schuld an eigenem Versagen auf andere abzuwälzen. Die Ausbildung hierzu wird durch eine Reihe hierarchisch aufgebauter aufeinanderfolgender Kurse erworben, in denen der Studierende Auditing-Techniken erlernt und perfektioniert, die nach scientologischer Überzeugung bei jedem Preclear wirksam sind, wenn einmal der entsprechende Standard in der Anwendung erreicht ist. Die Ausbildung ist sehr intensiv, und jeder, der die konzentrierte Hingabe der Kurs-Studenten beobachten konnte (ich hatte bei meinen Besuchen der Church of Scientology in Saint Hill Manor dazu Gelegenheit), kam nicht umhin, von der Zielstrebigkeit und dem Lerneifer, den sie an den Tag legen, und die natürlich Ausdruck religiösen Engagements sind, beeindruckt zu sein.

vi. Scientology und Andere Glaubensrichtungen

vi.i. Einige Ähnlichkeiten zwischen Scientology und anderen Glaubensrichtungen

Die Scientology unterscheidet sich in ihrer Ideologie, Praktik und Organisation stark von den traditionellen christlichen Kirchen und den von ihnen abgespaltenen Sekten. Bei einer allumfassenden Betrachtungsweise jedoch, wie sie in einer multi-kulturellen und multi-religiösen Gesellschaft vorherrschen muß, ist es offensichtlich, daß die Scientology in allen wesentlichen Punkten eine Stellung einnimmt, die anderen, unbestreitbar zu den Religionen zu zählenden Bewegungen, sehr nahe ist. Ideologisch gesehen weist sie wesentliche Ähnlichkeiten mit der Samkhya-Schule des Hinduismus auf. In ihren Gemeindeaktivitäten, die eine weit weniger zentrale Bedeutung haben als in Nonkonformisten-Bewegungen, werden dennoch Punkte betont, die denen einiger Nonkonformisten-Gruppen nicht unähnlich sind. Ihre soteriologischen Ziele sind ganz entschieden metaphysisch und ähneln in gewisser Hinsicht denen der Christlichen Wissenschaft.

vi.ii. Doppelmitgliedschaft

Ein hervorstechendes Merkmal der Scientology ist, daß ihre Mitglieder bei einem Beitritt andere religiöse Überzeugungen und Mitgliedschaften nicht aufgeben müssen. Daraus könnte man schließen, daß die Scientology sich damit zufrieden gibt, lediglich eine zusätzliche oder ergänzende Reihe von Überzeugungen und Bräuchen zu sein, aber solch eine Schlußfolgerung wäre nicht gerechtfertigt. Ich habe sowohl mit hohen Kirchenvertretern als auch mit einzelnen Scientologen über diesen Aspekt der Scientology gesprochen und von ihnen erfahren, daß die ausschließliche Zugehörigkeit zu ihrer Bewegung zwar nicht erforderlich ist, jedoch in der Praxis entsteht. Gemäß ihrer Aussagen, gibt man unweigerlich seinen früheren Glauben auf, wenn man sich mehr und mehr mit Scientology befaßt. Zum Beispiel habe ich die Erfahrung gemacht, daß ein Jude, der Scientologe wird, zwar aus kulturellen Gründen seine Mitgliedschaft zum Judaismus beibehält und jüdische Feiertage mit der Familie und Freunden feiert, doch glaubt er nicht an die jüdische Theologie und er praktiziert sie nicht. Aus meiner Sicht als Wissenschaftler erscheint mir diese Erklärung richtig zu sein. Scientologen betrachten ihren Glauben als eine vollständige Religion, die von ihren Mitgliedern Hingabe verlangt.

Während Ausschließlichkeit der religiösen Bindung ein Merkmal der jüdisch-christlich-moslemischen Tradition ist und Doppel- oder Mehrfachmitgliedschaften nicht toleriert werden, ist dies bei weitem kein universelles Prinzip für Religionen. Die meisten Zweige des Hinduismus und Buddhismus fordern diese Ausschließlichkeit nicht. Der Buddha hat nicht die Anbetung einheimischer Götter verboten. Der Hinduismus toleriert mehrfache Religionszugehörigkeiten. In Japan zählen sich zahlreiche Menschen sowohl zu den Buddhisten als auch zu den Schintoisten. Die Symbiose von Religionen ist ein wohlbekanntes Phänomen und ist in gewisser Hinsicht auch im Christentum vorgekommen (z. B. das Tolerieren von Spiritualismus oder der Pfingstgemeinde durch anglikanische Bischöfe, auch wenn diese Glaubenssysteme nicht ausdrücklich in der offiziellen Doktrin erfaßt waren). Die Tatsache, daß die Scientology durch das Respektieren von Doppel- oder Mehrfachmitgliedschaften einen vom traditionellen westlichen Christentum vertretenen unterschiedlichen Standpunkt einnimmt, ist kein triftiger Grund, ihr den Status einer Religion zu verweigern.

vi.iii. Exoterische und esoterische Elemente von Scientology

Das Erscheinungsbild von Scientology in der Öffentlichkeit entspricht nicht unbedingt stereotypen Vorstellungen von Religion. Ihre Literatur läßt sich einteilen in eine weit verbreitete exoterische Literatur und eine esoterische Literatur. Die exoterische Literatur befaßt sich hauptsächlich mit den grundlegenden Prinzipien der Metaphysik der Scientology und mit ihrer praktischen Anwendung, um Menschen Hilfe bei der Lösung ihrer Kommunikations- und Beziehungsprobleme zu bieten sowie Intelligenz, Vernunft und eine positive Lebensausrichtung zu fördern. Der eingeschränkte Bereich der esoterischen Literatur, die nur fortgeschrittenen Studenten der Scientology zugänglich gemacht wird, bietet sowohl eine vollständigere Darstellung der Metaphysik der Religion als auch fortgeschrittenere Auditing-Techniken. Diese Schriften legen im Detail die Theorie von Theta (der ursprüngliche Gedanke des Geistes) dar und dessen Niedergang durch seine Verstrickung in das materielle Universum aus Materie, Energie, Raum und Zeit im Laufe vieler Leben, und sie zeigen, wie der Mensch übernatürliche Fähigkeiten erwerben – genaugenommen wiedererwerben – kann. Nur Scientologen, die schon weit fortgeschritten sind, werden als fähig erachtet, die Wichtigkeit dieser Ausführungen des Glaubenssystems zu begreifen und die höheren Stufen der Auditing-Verfahren vollständig zu verstehen, die in der esoterischen Literatur aufgeführt werden.

Mit dieser Unterscheidung zwischen exoterischer und esoterischer Lehre nimmt Scientology keineswegs eine einzigartige Stellung unter den Religionen ein. Basierend auf dem Grundsatz, der von Jesus „Ich habe Euch viele Dinge zu sagen, doch könnt Ihr sie jetzt nicht ertragen“ (Johannes 16,12) und von Paulus, der kräftiges Fleisch für reife Gläubige von Milch für Kleinkinder unterscheidet (1 Korinther 3,1-3 und Hebräer 5,12-14), aufgestellt wurde, haben verschiedene christliche Bewegungen zwischen elementaren und fortgeschrittenen Lehren und Praktiken unterschieden. Die gnostische Tradition im Randbereich des Christentums hatte sich der Erhaltung von esoterischen Doktrinen ausdrücklich verpflichtet, und auch zeitgenössische Bewegungen, die manchmal von Gelehrten als „gnostisch“ eingestuft werden, treffen gewöhnlich solche Unterscheidungen. Beispielsweise wird bei der Christlichen Wissenschaft die allgemeine Lehre durch Themen mit vertraulichem Inhalt erweitert, die von hierfür ausersehenen Lehrern in besonderen Kursen für Leute, die anerkannte Praktiker werden wollen, gelehrt werden. Desweitern läßt die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bei ihren besonderen Zeremonien nur solche Mormonen zu, die in gutem Ansehen stehen und von ihrem Bischof eine Genehmigung erhalten, auf der unter anderem vermerkt ist, daß sie ihrer Verpflichtung zur Abgabe von 10 Prozent ihres Einkommens an die Kirche nachgekommen sind; andere dürfen diesen Ritualen nicht beiwohnen. Die der protestantischen Hauptströmung näher stehenden Pfingstler enthüllen oft die volle Bedeutung ihrer Lehre und Praktik der „Gaben des Heiligen Geistes“ nur bei bestimmten Gottesdiensten und nicht bei den Versammlungen, die dazu bestimmt sind, die allgemeine Öffentlichkeit zu interessieren. Die Rechtfertigung für eine solche Unterscheidung ist auch ein Prinzip der Ausbildung – fortgeschrittenes Material ist nur für jene verfügbar, die an einer vorhergehenden, elementareren Schulung teilgenommen haben, die sie befähigt, ein höheres Niveau aufzunehmen. Diesen Standpunkt vertritt auch Scientology, deren Lehren eine konzentrierte und systematisierte Anstrengung von ihren Studenten verlangen.

vii. Religionsmerkmale in ihrer Anwendung auf Scientology

vii.i. Eliminierung kultureller Vorurteile

Bei der Einschätzung neuer religiöser Bewegungen gibt es mehrere ganz bestimmte Schwierigkeiten. Eine besteht darin, daß in den meisten Gesellschaften in Bezug auf Religion die unausgesprochene Annahme gilt, die Althergebrachtem und Traditionen eine besondere Bedeutung beimessen. Religiöses Brauchtum und Erscheinungsbild werden oft mit dem ausdrücklichen Hinweis auf Tradition legitimiert. Innovationen in der Religion werden nicht leicht propagiert oder akzeptiert. Ein zweites Problem besteht in der stark normativen Haltung der Orthodoxie (besonders in der jüdisch-christlich-moslemischen Tradition), die Abweichungen ächtet und sie auf eine sehr abschätzige Weise beschreibt („Sekte“, „Kult“, „Nonkonformismus“, „Ketzer“ usw.). Ein drittes Problem wird in den vorhergehenden Abschnitten angedeutet, nämlich, daß es merkwürdigerweise für diejenigen schwer ist, die in der Kultur einer bestimmten Gesellschaft und in einer bestimmten religiösen Tradition aufgewachsen sind, das Glaubenssystem anderer zu verstehen, sich in ihre religiösen Bestrebungen einzufühlen und die Legitimität ihrer Ausdrucksmittel anzuerkennen. Religiöse Vorstellungen schließen bestimmte kulturelle Vorurteile und eine eingeengte Sichtweise mit ein. Um eine Bewegung wie Scientology zu interpretieren, ist es unabdingbar, daß diese Hindernisse erkannt und überwunden werden. Das bedeutet nicht, daß man gewisse religiöse Vorstellungen als wahr akzeptieren muß, um sie zu verstehen, doch muß ein bestimmter Bezug hergestellt werden, wenn man den Überzeugungen Andersgläubiger den gebührenden Respekt entgegenbringen will.

vii.ii. Die bisherige Diskussion

Die bisherige Diskussion ist notwendigerweise sehr weitreichend und hat viele unterschiedliche Themen angesprochen (Vergleiche mit anderen religiösen Bewegungen eingeschlossen), und einen kurzen Überblick über von Scientologen verfaßte Schriften sowie von wissenschaftlichen Kommentatoren verfaßte Literatur über Scientology gegeben. Die Geschichte, Lehren, Praktiken, religiöse Organisation und moralische Tragweite von Scientology wurden kurz begutachtet, wobei besonders die Aspekte berücksichtigt wurden, die bei der hier vorliegenden Bewertung des religiösen Status der Bewegung am meisten zur Debatte stehen. Eine solche Bewertung, in der viele einschlägige Überlegungen vorgebracht wurden, führt zu der Schlußfolgerung, daß Scientology eine Religion ist. Da wir jedoch den Versuch unternommen haben (siehe Abschnitt ii.i oben), abstrakt verallgemeinernd die Merkmale und Funktionen aufzuzeigen, die in religiösen Systemen weitverbreitet und daher mit großer Wahrscheinlichkeit anzutreffen sind, ist es jetzt angemessen, dieses Modell bewußt als Maßstab für den Anspruch der Scientology, eine Religion zu sein, zu verwenden. Zwischen der von Scientology verwendeten Terminologie und den Spezifikationen des Modells bestehen große Abweichungen, doch trifft dies wahrscheinlich, zumindest in gewissem Ausmaß, für viele – vielleicht sogar alle – religiösen Bewegungen zu. Es sollte jedoch trotzdem möglich sein, unter Berücksichtigung der Allgemeingültigkeit der angewandten abstrakten Vorstellungen ohne allzu große Schwierigkeiten oder Anlaß zu Meinungsverschiedenheiten das Ausmaß zu erkennen, zu dem die Scientology die Erfordernisse der von uns erstellten Liste möglicher Merkmale erfüllt.

vii.iii. Scientology im Lichte der Kriterien für eine Religion

Wir vergleichen jetzt die wesentlichen Merkmale von Scientology mit der in Abschnitt ii.i aufgeführten Liste wahrscheinlicher Merkmale und Funktionen einer Religion. Die Punkte, in denen Scientology übereinstimmt, werden als Übereinstimmung bzw. bedingte Übereinstimmung eingestuft, die, wo keine Übereinstimmung vorliegt, als Nicht-Übereinstimmung bzw. bedingte Nicht- Übereinstimmung und andere Fälle als Unentschieden.

(a) Thetane sind eine wirkende Kraft, die die normale sinnliche Wahrnehmung transzendieren. Es ist auch zu vermerken, daß Scientology die Existenz eines höchsten Wesens bejaht. Übereinstimmung.

(b) Scientology postuliert, daß Thetane die natürliche Ordnung geschaffen haben. Übereinstimmung.

(c) Thetane bewohnen menschliche Körper, was einen kontinuierlichen Eingriff in die materielle Welt zur Folge hat. Übereinstimmung.

(d) Thetane wirkten vor dem Verlauf der menschlichen Geschichte, sollen das physikalische Universum erschaffen haben und bewohnen Körper, um Vergnügen, Identität und ein Spiel zu haben. Dies ist jedoch ein unbestimmter Zweck, und das höchste Wesen wird in Scientology nicht als Wesen mit bestimmten Zwecken dargestellt. Bedingte Übereinstimmung.

(e) Die Aktivitäten von Thetanen und die von Menschen sind identisch. Die künftigen Leben des Thetan werden sehr stark davon beeinflußt, inwieweit er sich vom reaktiven Verstand lösen kann. Auch sein gegenwärtiges Leben wird zutiefst davon beeinflußt. Übereinstimmung.

(f) Auditing und Ausbildung sind Mittel, durch die ein Individuum sein Schicksal beeinflussen kann, ganz bestimmt in diesem Leben und in den Leben der Körper, die es später bewohnen mag. Übereinstimmung.

(g) Rituale als Symbolismus im traditionellen Sinn von Anbetung (z. B. Katholische Messe) sind in der Scientology, genau wie bei den Quäkern, nur minimal und rudimentär vorhanden, aber sie existieren. Um hier jedoch eine konservative Stellung zu beziehen, betrachten wir diesen Punkt als Übereinstimmung.

(h) Günstigstimmende Handlungen (z. B. Opfer oder Buße) sind bei Scientology nicht vorhanden. Das Individuum strebt nach Weisheit und spiritueller Erleuchtung. Nicht-Übereinstimmung.

(i) Äußerungen der Hingabe, des Danks, der Huldigung und des Gehorsams an übernatürliche Kräfte sind praktisch nicht vorhanden, mit Ausnahme der in Scientology vorgeschriebenen Zeremonien für die verschiedenen Lebensabschnitte. Nicht-Übereinstimmung.

(j) Obwohl Scientology über eine bestimmte Sprache verfügt, die ein Mittel der Verstärkung von gruppen-internen Werten darstellt, und die Schriften oder Lehren von L. Ron Hubbard im allgemein gebräuchlichen Sinn des Wortes „heilig“ gehalten werden, kann das nicht als in Übereinstimmung mit der fachlichen Bedeutung des Begriffes „heilig“, nämlich „Dinge an eigens dafür vorgesehenen Orten und tabu“, betrachtet werden. Nicht-Übereinstimmung.

(k) Feiern oder kollektive Bußen sind keine ausgeprägten Merkmale von Scientology, doch hat die Bewegung in den letzten Jahren eine Reihe von Gedenktagen festgelegt. Unter anderem werden der Jahrestag von Hubbards Geburt und das Gründungsdatum der International Association of Scientologists gefeiert, und es gibt einen Tag, an dem die Auditoren für ihre Hingabe gefeiert werden. Bedingte Übereinstimmung.

(l) Scientologen führen relativ wenige kollektive Rituale durch, doch stellt die Lehre der Bewegung eine umfassende Weltanschauung zur Verfügung und vermittelt ihren Mitgliedern auf diese Weise einen Sinn für Gemeinschaft und gemeinsame Identität. Bedingte Übereinstimmung.

(m) Scientology ist keine stark moralistische Religion, doch ist sittliches Verhalten im Laufe der Zeit zu einem wachsenden Anliegen geworden, nachdem die ganze Tragweite seiner metaphysischen Prämissen erkannt wurde. Seit 1981 wurden die moralischen Erwartungen von Scientologen klar formuliert: Sie ähneln den Zehn Geboten und unterstreichen das bereits seit langem bestehende Anliegen, „Overt-Handlungen“ (schädliche Handlungen) zu reduzieren. Die Lehren über den reaktiven Verstand und die Wiedergeburt beinhalten ethische Ausrichtungen, die denen des Buddhismus ähnlich sind. Übereinstimmung.

(n) Scientology legt besonderen Nachdruck auf die Ernsthaftigkeit der Zielsetzung, auf unterstützende Verpflichtung und auf Loyalität gegenüber der Organisation und ihren Mitgliedern. Übereinstimmung.

(o) Die Scientology-Lehre der Seelenwanderung erfüllt dieses Kriterium voll und ganz. Für den Thetan entspricht der kumulative reaktive Verstand einer Schuld und diese Schuld kann durch die Anwendung der Techniken von Scientology verringert werden. Übereinstimmung.

(p) Scientology verfügt über Amtsträger, die vorrangig als „Beichtväter“ (Auditoren) dienen. Einige von ihnen sind ebenfalls Chaplains, die im wesentlichen Aufgaben der Seelsorge und der Auslegung haben. Auditoren, Kursüberwacher und Chaplains (eigentlich alle hauptamtlich aktiven Mitglieder) streben danach, die Theorie und Praxis von Scientology vor Verfälschung zu bewahren. In diesem Sinne sind sie Bewahrer. Übereinstimmung.

(q) Auditoren, Kursüberwacher und Chaplains werden bezahlt. Übereinstimmung.

(r) Scientology verfügt über eine metaphysische Doktrin, die eine Erklärung vom Grund und Zweck des Lebens, eine detaillierte Theorie der menschlichen Psychologie sowie eine Darstellung vom Ursprung und von der Funktion des physikalischen Universums bietet. Übereinstimmung.

(s) Die Scientology bezieht ihre Legitimität aus einer Art von Offenbarung durch L. Ron Hubbard. Hubbards eigene Quellen erwähnen unter anderem die überlieferte Weisheit des Orients, doch sein Werk soll fast ausschließlich auf seinen Forschungsergebnissen beruhen. Diese Mischung aus Tradition, Charisma und Wissenschaft ist ebenfalls in anderen modernen religiösen Bewegungen zu finden, insbesondere in der Christlichen Wissenschaft. Bedingte Übereinstimmung.

(t) Der Anspruch auf die Wahrheit einiger der Scientology-Lehren ist empirischen Überprüfungen nicht zugänglich, doch soll die Wirksamkeit von Auditing in der Praxis nachweisbar sein. Die Ziele von Scientology sind jedoch abhängig vom Glauben an die metaphysischen Aspekte der Lehre, selbst wenn behauptet wird, daß die Mittel einer empirischen Überprüfung zugänglich sind. Bedingte Übereinstimmung.

vii.iv. Eine Auswertung des Vergleichs

Die vorstehende, auf der Liste möglicher Religionsmerkmale basierende Bewertung von Scientology ergibt elf Punkte, in denen Übereinstimmung besteht, fünf Punkte, in denen Bedingte Übereinstimmung besteht, drei Punkte, in denen Nichtübereinstimmung besteht und einen Punkt, der Unentschieden ist. Man kann natürlich nicht davon ausgehen, daß all diese unterschiedlichen Merkmale und Funktionen einer Religion das gleiche Gewicht haben, und die rein numerische Aufaddierung sollte nicht eine unangemessen mechanische Grundlage für die Bewertung ergeben. Einige der aufgeführten Punkte – z. B. das Vorhandensein bezahlter Spezialisten – sind zwar bei Religionen allgemein üblich, aber nicht darauf beschränkt, und können daher gegenüber anderen Punkten als weniger gewichtig betrachtet werden. In ähnlicher Weise könnte man das bei Religionen übliche günstigstimmende Element als lediglich ein Überbleibsel früherer Muster quasi-magischer Abhängigkeit betrachten, von dem sich die in der jüngeren Vergangenheit gegründeten religiösen Organisationen befreit haben. Während die Mehrzahl traditioneller Religionen die meisten dieser möglichen Merkmale erfüllen würden, würden viele allgemein anerkannte Konfessionen mit einigen von ihnen nicht übereinstimmen. Wir haben dies bei den Quäkern im Hinblick auf den Gottesdienst und bei der Christlichen Wissenschaft im Hinblick auf die Legitimation festgestellt. Bei den Unitariern würden mehrere Punkte nicht zutreffen – Andacht, Beachtung des Heiligen, traditionelle Auffassungen von Sünde und Tugend und vielleicht auch die Bedeutung der metaphysischen Lehre. Weder die Christadelphians noch die Quäker würden die Kriterien hinsichtlich religiöser Fachleute oder deren Bezahlung erfüllen.

vii.v. Scientologen betrachten ihren Glauben als Religion

Die Anwendung der vorstehenden Liste sollte nicht den Eindruck erwecken, daß die in diesem Gutachten dargelegten Ergebnisse allein von formalen oder abstrakten Gründen abhängen. Die Liste ist eine Grundlage, auf der empirische Beweise – d. h. beobachtetes Verhalten – bewertet werden. Viele Scientologen haben ein sehr stark ausgeprägtes Gefühl religiöser Bindung. Sie betrachten ihre Überzeugungen und Praktiken als Religion, und viele zeigen einen Grad an Einsatzbereitschaft, der über den unter Gläubigen der traditionellen Kirchen üblichen Grad hinausgeht. In dieser Hinsicht verhalten sich viele Scientologen wie die Mitglieder christlicher Sekten, die im allgemeinen eine intensivere Hingabe an ihre Religion zeigen als die große Mehrheit von Gläubigen in den etablierten Kirchen und Konfessionen. Als Soziologe sehe ich Scientology als ein echtes System religiösen Glaubens und religiöser Praktik, das bei seinen Mitgliedern tiefes und ernsthaftes Engagement hervorruft.

vii.vi. Kurzer Abriß zu derzeitigen Wandlungen der Religion

Wir haben festgestellt, daß alle Religionen einen Entwicklungsprozeß durchgemacht haben – sie wandeln sich im Lauf der Zeit. Ebenso ist es eine Tatsache, daß Religion per se einem Wandel unterworfen ist. Als ein soziales Produkt übernimmt die Religion viel von der Farbe und dem Charakter der Gesellschaft, in der sie wirkt, und in neueren Bewegungen finden sich charakteristische Merkmale, die in älteren nicht vorhanden waren (zumindest nicht zur Zeit ihrer Entstehung). Heutzutage lassen neue Entwicklungen in der Religion erkennen, daß viel weniger Wert auf eine postulierte objektive Realität „da draußen“ gelegt wird, und daß sich das Interesse mehr auf subjektive Erfahrung und psychologisches Wohlbefinden verlagert, d. h. weniger Betonung auf traditionelle Andachtsformen und mehr auf den Erwerb von Gewißheit (was in sich selbst eine Form von Erlösung darstellt) aus anderen Quellen als dem vermeintlichen Trost, der von einem entfernten Erlöser-Gott gewährt wird. Wir können daher erwarten, daß diese Betonung in der Liste, die wir als Modell verwendet haben, offensichtlich wird. Das Modell spiegelt viele Elemente wieder, die sich bis heute in der Religion erhalten haben, die sich aber aus althergebrachten Praktiken herleiten lassen. Neuere Religionen – selbst Religionen, die so alt wie die großen protestantischen Konfessionen sind – werden nicht mit all diesen Elementen übereinstimmen: Sie spiegeln die charakteristischen Merkmale des Evolutionsstadiums wider, in dem sie entstanden sind. Wir müssen daher berücksichtigen, daß moderne Bewegungen nicht mit allen Punkten unseres (relativ zeitlosen) Modells übereinstimmen. Unter Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte steht für mich eindeutig fest, daß Scientology eine bona fide Religion ist und daß sie als solche betrachtet werden sollte.

Bryan Ronald Wilson

Scientology: Vergleichende Analyse ihrer religiösen Lehre und Doktrin
In Russisch:

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In Hebräisch:

Scientology: Vergleichende Analyse ihrer religiösen Lehre und Doktrin (Hebräisch)

In Japanisch:

Scientology: Vergleichende Analyse ihrer religiösen Lehre und Doktrin (Japanisch)

In Englisch:

Scientology: An Analysis and Comparison of its Religious Systems and Doctrines
In Italienisch:

Scientology – Un’Analisi ed una Comparazione del Sistema Religioso e delle Dottrine
In Französisch:

La Scientologie, une analyse et comparaison de ses systèmes et doctrines religieux

In Spanisch:

Scientology : Análisis y comparación de sus doctrinas y sistemas religiosos
In Niederländisch:

Scientology: Een Analyse en vergelijking van de godsdienstige systemen en doctrines

In Dänisch:

cientologi – En Analyse og sammenligning af dens religiøse systemer og læresætninger
In Schwedisch:

Scientologi: En analys och jämförelse av dess religiösa system och doktriner
In Ungarisch:

Szcientológia – Vallási rendszerének és doktrínáinak elemzése és összehasonlítása
In griechisch:

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